Alles Tofu, oder was? by Berg Ellen

Alles Tofu, oder was? by Berg Ellen

Autor:Berg, Ellen
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2015-01-01T05:00:00+00:00


15

Das Zischen der Espressomaschine war Musik in Danas Ohren. Schläfrig beobachtete sie, wie die braune, schäumende Flüssigkeit in ihre Lieblingsespressotasse lief. Die mit dem Aufdruck Wer seine Träume verwirklichen will, muss erst mal aufwachen.

Aber selbst die Droge Koffein wirkte heute nicht. Dana hatte Mühe, die Augen offen zu halten, während sie vor dem Kühlschrank stand und den Mondkalender studierte. Er empfahl einen entspannenden Wellnesstag. Das jedenfalls legte der zunehmende Mond nahe, der in wenigen Minuten von den Zwillingen in den Krebs wechseln sollte, und damit von einem Licht- in einen Wassertag.

Wellness. Entspannung. Planschen im Pool. Darüber konnte Dana nur müde lächeln. Es war kurz vor sieben, sie hatte bereits olympiaverdächtig schnell geduscht, ein vollwertiges Frühstück vorbereitet, aus einer Holzkiste ein Kakerlakenterrarium gebaut und drei Espresso getrunken, um sich aus einem nahezu komatösen Schlaf in so etwas wie einen Wachzustand zu beamen.

Hinter ihren Schläfen pochte ein schädelspaltender Kopfschmerz. Kein Wunder. Ein anstrengender Tag lag hinter ihr, ein nicht minder anstrengender wartete auf sie. Der Gedanke an den bevorstehenden Termin mit Jens Andresen machte sie auch nicht fröhlicher. »Acht!«, hatte er ins Telefon gebellt. Und als sie sich höflich erkundigt hatte, ob wirklich acht Uhr morgens gemeint sei, ein entnervtes »Nein, acht Grad Celsius« hinterhergeschoben.

Wie Philipp mit diesem Mann befreundet sein konnte, blieb ein Rätsel. Ach, Philipp. Er war ja selbst ein Rätsel. Dana wurde rot, als sie an den leidenschaftlichen Kuss dachte. Allein schon die Erinnerung daran brachte sie vollkommen durcheinander. Unglaublich, wie viel Feuer in diesem auf den ersten Blick unauffälligen Mann steckte. Er war eine Mogelpackung im besten Sinne: außen unscheinbar, innen eine Offenbarung. Plötzlich stellte sie sich vor, wie es wäre, mit Philipp zu frühstücken. Bestimmt angenehm entspannt. Und Diskussionen über Butter, Eier und Honig gäbe es ganz bestimmt nicht.

Dumm nur, dass Philipp weggelaufen war. Sie besaß nicht einmal seine Handynummer, und Jens Andresen danach zu fragen, kam überhaupt nicht in Frage. Er musste schon selbst zurückkommen. Und wenn er verschwunden bleibt?, überlegte Dana bang. Wenn das nur ein Ausrutscher war? Sie wischte den Gedanken beiseite. Philipp war keiner, der eine Frau aus Versehen und nebenbei küsste. Außerdem hatte er die Kakerlaken vor dem Kältetod im Park bewahrt, was für ein gewisses Verantwortungsbewusstsein sprach.

»Hallo, wie geht es meinen kleinen Lieblingen?«, raunte sie, während sie sich vor die Spüle hockte und die Tür des Unterschranks öffnete.

Vorsichtig lüpfte sie den Deckel der Holzkiste und ließ ein paar Kartoffelstückchen hineinfallen. Gingen Kakerlaken als Botschaft des Universums durch? Und wenn ja, was wollte ihr das Universum damit sagen?

Philipp fehlte ihr. Am Abend zuvor hatte sie gehofft, er würde sich melden. Doch während die Gäste sich begeistert durch das Liebesmenü geschlemmt hatten, war er unsichtbar geblieben. Keine Nachricht, kein Zeichen, nichts. Sehr merkwürdig.

Heute würde ein Neffe von Hung Tai aus dessen weitverzweigtem Familienclan aushelfen, ein junger Mann mit dem schönen Namen Minh Hai – klares Meer.

Aus dem Kinderzimmer hörte man Emmas Gebell und Leonies Lachen, das sich mit einem übermütigen Kichern mischte. Kati, ihre beste Freundin aus der Nachbarschaft, hatte bei Nini übernachtet. Die beiden waren unzertrennlich.



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