Alice im Wunderland by Carroll Lewis

Alice im Wunderland by Carroll Lewis

Autor:Carroll, Lewis [Carroll, Lewis]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Insel Verlag
veröffentlicht: 2015-05-17T16:00:00+00:00


KAPITEL SIEBEN

Aberwitz und Fünf-Uhr-Tee

Unter einem Baum vor dem Haus stand ein gedeckter Tisch, und der Hutmacher und der Schnapphase hatten sich schon daran niedergelassen und tranken Tee; zwischen den beiden saß eine Haselmaus und schlief vor sich hin, während sich ihre zwei Nachbarn mit den Ellbogen auf sie aufstützten und über ihren Kopf hinweg unterhielten. »Unbequem für die Haselmaus«, dachte Alice; »aber da sie schläft, macht es ihr wahrscheinlich nichts aus.«

Der Tisch war schon eher eine Tafel, doch saßen alle drei eng zusammengedrängt in einer Ecke. »Besetzt! Besetzt!«, riefen sie, als sie Alice näher treten sahen.

»Von besetzt kann doch gar keine Rede sein!«, sagte Alice empört und setzte sich in einen großen Sessel am Tischende.

»Ein Schluck Wein?«, fragte der Schnapphase einladend. Alice sah sich auf dem Tisch um, aber da stand nur eine Teekanne. »Ich sehe keinen Wein«, bemerkte sie.

»Ist auch gar keiner da«, sagte der Schnapphase.

»Dann war es nicht sehr höflich, welchen anzubieten«, sagte Alice zornig.

»Es war auch nicht sehr höflich, sich ungebeten an unsern Tisch zu setzen«, sagte der Schnapphase.

»Ich konnte ja nicht wissen, dass es euer Tisch war«, versetzte Alice; »es ist für viel mehr als drei gedeckt.«

»Du musst zum Friseur«, sagte der Hutmacher. Er hatte Alice bisher nur neugierig angeschaut, und dies war sein erster Beitrag zur Unterhaltung.

»Solche direkten Bemerkungen solltest du dir abgewöhnen«, sagte Alice mit einiger Strenge; »sie sind unschicklich.«

Der Hutmacher riss die Augen weit auf, als er das hörte, aber alles, was er sagte, war: »Was ist der Unterschied zwischen einem Raben und einem Schreibtisch?«

»Na, jetzt wird es schon lustiger«, dachte Alice, »jetzt kommen Rätsel an die Reihe! – Ich glaube, das bringe ich heraus«, sagte sie laut.

»Du meinst, du wirst es erraten?«, fragte der Schnapphase. »Genau das«, sagte Alice.

»Dann solltest du auch sagen, was du meinst«, fuhr der Schnapphase fort.

»Das tu ich ja«, widersprach Alice rasch; »wenigstens – wenigstens meine ich, was ich sage – und das kommt ja wohl aufs Gleiche heraus.«

»Ganz und gar nicht«, sagte der Hutmacher. »Mit demselben Recht könntest du ja sagen: ›Ich sehe, was ich esse‹ ist das Gleiche wie ›Ich esse, was ich sehe‹!«

»Mit demselben Recht könntest du ja sagen«, fiel der Schnapphase ein: »›Was mir gehört, gefällt mir‹ ist das Gleiche wie ›Was mir gefällt, gehört mir‹!«

»Mit demselben Recht könntest du ja sagen«, fügte die Haselmaus hinzu, die offenbar im Schlafe sprach: »›Solange ich schlafe, leb ich‹ ist das Gleiche wie ›Solange ich lebe, schlaf ich‹!«

»In deinem Fall ist das auch das Gleiche«, sagte der Hutmacher, und daraufhin stockte die Unterhaltung, und alle saßen eine Weile stumm da, während Alice in Gedanken alles durchging, was sie über Schreibtische und Raben wusste, und das war nicht eben viel.

Der Hutmacher unterbrach das Schweigen zuerst. »Den wiewievielten haben wir heute?«, fragte er, sich an Alice wendend; und dabei zog er eine Uhr aus der Tasche, sah sie bekümmert an, schüttelte sie verschiedentlich hin und her und hielt sie sich schließlich ans Ohr.

Alice dachte ein wenig nach und sagte dann: »Den Vierten.«

»Zwei Tage geht sie nach!«, seufzte der Hutmacher.



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