ABC des Anarchismus by Alexander Berkman

ABC des Anarchismus by Alexander Berkman

Autor:Alexander Berkman
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783882200850
Herausgeber: Verlag Klaus Guhl
veröffentlicht: 1977-12-31T16:00:00+00:00


Die Organisation der Arbeiterschaft für die soziale Revolution

Eine richtige Vorbereitung, wie auf den vorangegangenen Seiten vorgeschlagen, wird im großen Maße die Aufgabe der sozialen Revolution erleichtern und ihre gesunde Entwicklung und ihr Funktionieren sicherstellen. Nun, was werden die Hauptfunktionen der Revolution sein?

Jedes Land hat seine spezifischen Bindungen, seine eigene Psychologie, seine eigenen Traditionen, und der Revolutionsprozeß wird natürlich die Besonderheiten jedes Landes und seiner Bewohner widerspiegeln. Aber im Grunde sind sich alle Länder in ihrem sozialen (eher antisozialen) Wesen ähnlich: Welcher Art die politischen Formen des Wirtschaftssystems auch sein mögen, sie sind alle auf sich einmischenden Autoritäten, auf dem Monopol und auf der Ausbeutung des Arbeiters aufgebaut. Die Hauptaufgabe der sozialen Revolution ist daher im wesentlichen überall die gleiche: Die Abschaffung der Regierung und der wirtschaftlichen Ungleichheit sowie die Sozialisierung der Produktions- und Vertriebsmittel.

Produktion, Distribution und Kommunikation sind die Grundlagen der Existenz, auf sie stützt sich die Macht der Zwangsautorität und des Kapitals. Dieser Macht einmal beraubt würden die Regierenden und Herrscher genauso gewöhnliche Menschen wie Sie und ich werden, Bürger ohne Rang unter Millionen anderen. Das zu erreichen, ist also die allererste und dringendste Aufgabe der sozialen Revolution.

Wir wissen, daß die Revolution mit Straßenunruhen und Ausschreitungen beginnt; in der einleitenden Phase treten Gewalt und Aufruhr auf. Aber das ist nur der spektakuläre Auftakt der wirklichen Revolution. Das jahrelange Elend und die Schmach, die die Massen ertragen haben, führen explosionsartig zu Unordnung und Tumult, die Erniedrigung und Ungerechtigkeit, die demütig jahrzehntelang ertragen wurden, machen sich in Taten der Raserei und Zerstörung Luft. Das ist unvermeidlich, und für diese vorübergehenden Erscheinungen der Revolution ist allein die herrschende Klasse verantwortlich. Denn in sozialer Hinsicht ist der Ausspruch »wer Wind sät, wird Sturm ernten« sogar noch zutreffender als in individueller; je größer die Unterdrückung und das Elend sind, denen sich die Massen unterwerfen müssen, desto heftiger wird der soziale Sturm wüten. Die gesamte Geschichte beweist das, aber die Beherrscher des Lebens haben nie auf ihre warnende Stimme gehört.

Diese Phase der Revolution ist von kurzer Dauer. Gewöhnlich folgt ihr die bewußtere, jedoch noch immer spontane Zerstörung der Zitadellen der Autorität, der sichtbaren Symbole der organisierten Gewalt und Brutalität: Gefängnisse, Polizeistationen und andere Regierungsgebäude werden angegriffen, Gefangene befreit und Akten zerstört. Auf diese Weise kommt die instinktiv vorhandene Vorstellung des Volkes von Gerechtigkeit zum Ausdruck. So war zum Beispiel die Zerstörung der Bastille eines der ersten Anzeichen der französischen Revolution.

So wurden auch beim ersten Ausbruch der Revolution in Rußland Gefängnisse gestürmt und die Gefangenen befreit. Die gesunde Intuition der Menschen sieht richtigerweise in Gefangenen sozial Benachteiligte, Opfer der Zustände, und sie sympathisiert deswegen mit ihnen. Die Massen betrachten die Gerichte und ihre Prozeßprotokolle als Instrumente der ungerechten Klassenjustiz, und diese werden zu Beginn der Revolution und ganz zu Recht zerstört.

Aber diese Phase endet schnell: Der Zorn der Menschen ist bald verraucht.

Gleichzeitig beginnt die konstruktive Arbeit der Revolution.

»Glauben Sie wirklich, daß der Neuaufbau schon so früh beginnen kann?« fragen Sie.

Mein Freund, er muß sofort beginnen. Je besser die Massen aufgeklärt worden sind, je deutlicher die Arbeiter



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