1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) by Ebert Sabine

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) by Ebert Sabine

Autor:Ebert, Sabine [Ebert, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426417683
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2013-03-13T23:00:00+00:00


»Sire, der österreichische Außenminister ist eingetroffen«, gab Napoleons Generalstabschef Berthier die Nachricht weiter, die ihm soeben mitgeteilt worden war.

»Ah, le beau Clément«, entgegnete der Kaiser mit leichtem Spott, während sich sein Blick instinktiv auf die Wanduhr des Kartographiebüros richtete.

Drei viertel zwölf. Wie er vermutet hatte. Der Österreicher kam also gerade noch rechtzeitig, um nicht unhöflich zu erscheinen, wiederum nicht so eilig, dass sich daraus Ungeduld oder Unterwürfigkeit ableiten ließen. Ganz sicher hatte er das exakt so berechnet, womöglich sogar die Kutsche noch ein wenig warten lassen. Allmählich wurde ein Staatsmann aus dem Bonvivant!

Er wies Berthier an, den Minister aus Wien in sein Arbeitszimmer zu führen, und sah noch einmal kurz aus dem Fenster, leicht auf den Zehenspitzen wippend, bevor er die Treppe hinunterging.

Er war neugierig, mit welchen Winkelzügen ihm Metternich diesmal kommen würde. Obwohl er es eigentlich schon wusste. Und damit konnte er le beau Clément bestimmt aus der Fassung bringen.

Auf eine spezielle Art mochte er diesen Österreicher sogar. Schon deshalb, weil er Französisch sprach wie ein Franzose und nicht so mit der Sprache herumstümperte wie manch anderer, der sich ihm unter die Augen wagte.

Sie waren beide fast gleichaltrig, aber grundverschieden: er Militär durch und durch, wogegen Metternich vom militärischen Leben weder Ahnung noch Verständnis hatte; er ruhelos in seinem Schaffen, während der andere sein halbes Leben mit Affären vergeudete und dabei auch noch allem Anschein nach kluge Frauen bevorzugte. Die waren ihm, dem Kaiser, ein Greuel. Was er nur an denen fand? Und was fanden sie an Metternich? Vielleicht, weil er sie umschmeichelte, Süßholz raspelte, statt sofort zur Sache zu kommen, wie es sich ein viel beschäftigter Mann wie er gar nicht anders leisten konnte?

Dass der Österreicher unbestritten ein Lebemann war, hatte neben seiner Sprachgewandtheit auch zu den Gründen gehört, weshalb er, Bonaparte, ihn als Gesandten in Paris haben wollte. Wer die ganze Zeit mit Affären beschäftigt war, der spann weniger Intrigen. Es sei denn, er nutzte auch Bettgeheimnisse dafür.

Doch der Lebemann hatte ihn überrascht. Er hatte es gewagt, ihm Paroli zu bieten, und das mit solcher Lässigkeit, dass es ihm imponierte. Er war ein kluger Kopf, und bei Männern wusste Napoleon Klugheit durchaus zu schätzen. Er liebte den intellektuellen Disput und fand einfach zu selten Menschen, die ihm dabei ebenbürtig waren.

Eine Enttäuschung zum Beispiel war dieser Goethe, den die Deutschen für ihren Genius hielten. Ein eitler, alter Mann, der jeglichen Schwung verloren hatte. Es bedurfte nur einer Audienz am Rande des Erfurter Fürstentages, ein wenig Fachsimpelei über den jungen Werther, und schon stolzierte der vielgerühmte Dichterfürst mit geschwellter Brust davon, weil der mächtige Kaiser der Franzosen sein Werk gelesen hatte. Lächerlich!

Sie krochen allesamt vor ihm zu Kreuze. Aber dieser Metternich, der hielt ihm nicht nur stand, der bot ihm nicht nur Paroli. Er hatte es sogar geschafft, ihn zu verblüffen!

Einmal vor reichlich einem Jahr, hier in Dresden, vor seinem Aufbruch nach Russland, als jedermann überzeugt war, er würde das Zarenreich binnen kürzester Zeit in die Knie zwingen. Das riesige Land war so hoffnungslos rückständig, die russische Generalität zutiefst zerstritten und der Zar kein Feldherr, auch wenn er sich für einen hielt.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.