037 by Die Kamikaze-Monster (1 von 2)

037 by Die Kamikaze-Monster (1 von 2)

Autor:Die Kamikaze-Monster (1 von 2) [Kamikaze-Monster, Die]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-01-05T14:52:41+00:00


In der Leichtathletik – vor allem im Laufen – hatte ich meiner Freundin noch nie etwas vormachen können. In dieser Disziplin war sie ein Naturtalent. Wir jagten nebeneinander zur nächsten Querstraße.

Der Mann verschwand soeben in einem finsteren Durchgang. Wir blieben ihm auf den Fersen, holten sogar auf. Der Ledermann durchquerte einen schummrigen Hinterhof, überkletterte eine Mauer und erreichte einen freien Platz, auf dem bis vor zwei Jahren ein überalterter Wohnblock gestanden hatte.

Jetzt stand hier nichts mehr.

Die Abbruchkugel hatte reinen Tisch gemacht. Bald würden hier neue Bauarbeiten beginnen. Ein riesiger Kran überragte schon das Gelände, und in diesem hockte der Lederne.

Er hatte sich für Vicky Bonney und mich etwas Besonderes einfallen lassen. Im Kranbedienen war er einsame Spitze. Er dirigierte das Gerät wie Leonard Bernstein ein Hundert-Mann-Orchester.

An einem langen Stahlseil hing eine zentnerschwere Eisenschiene, und die schwang er uns mit der Breitseite entgegen – und zwar so knapp über dem Boden, daß man kaum eine Hand darunterschieben konnte.

Es hatte also keinen Zweck, sich flach hinzuwerfen. Vicky und ich stoben nach links und rechts davon. Meine Freundin brachte sich mit einem zusätzlichen Hechtsprung in Sicherheit.

Auch ich sprang. Aber die Strecke, die ich zurückzulegen hatte, war um zwei Schritte länger, und so erwischte mich die Schiene an der Hüfte. Ein glühender Schmerz durchraste mich und riß mir einen Schrei von den Lippen.

Ich wurde herumgewirbelt und flog in den Dreck.

Der Lederne stoppte den Vorwärtsschwung der Schiene und holte sie teuflisch grinsend zurück.

»Tony!« Vickys Schrei gellte entsetzt über den freien Platz, als sie die Schiene auf mich zuschwingen sah.

Ich biß die Zähne zusammen und sprang auf. Die Schiene wuchtete haarscharf an mir vorbei, rasierte den Boden, wirbelte den Staub auf. Vicky öffnete ihre Handtasche und riß die Derringer heraus.

Sie legte auf den Mann im Kran an und feuerte.

Der Lederne zuckte zusammen. Vickys Kugel hatte ihn an der Schulter erwischt. Grund genug für ihn, den Kran zu verlassen. Er kletterte am Gestänge hinunter und gab Fersengeld.

Ich ignorierte das Stechen in meiner Hüfte und folgte dem Kerl wieder. Vicky versuchte, ihn mit einer Kugel zu stoppen, doch der Verbrecher rannte wie ein Hase im Zickzack.

Es gelang ihm, den Bauplatz zu verlassen. Wir hörten das Brummen eines Automotors, und gleich darauf sahen wir einen Kastenwagen. Wer hinter dem Steuer saß, konnten wir nicht sehen.

Das Fahrzeug stoppte.

Es hörte sich nach Notbremsung an.

Die Ladetüren schwangen wie von Geisterhand bewegt auf, und zwei junge gelenkige Männer sprangen heraus. Sie trugen kein PK-Zeichen, und dennoch waren sie unsere Feinde.

Sie gehörten derselben Brut wie die beiden Ledermänner an. Aber sie waren wesentlich gefährlicher als diese, das sollte sich wenig später herausstellen.

Sie eilten uns furchtlos entgegen. Ich zückte sicherheitshalber meinen Colt Diamondback. Fünf Schritte von uns entfernt blieben die beiden Burschen stehen.

Der Fahrer des Kastenwagens wartete nicht auf ihre Rückkehr.

Warum nicht? Schrieb er sie ab? Rechnete er nicht damit, daß sie uns bezwingen konnten? Sie selbst schienen anderer Meinung zu sein.

Ihren Mienen war anzusehen, daß sie sich bereits als Sieger fühlten.

Hinter ihnen schlossen sich die Ladetüren. Der Kastenwagen fuhr weiter, und fünf Schritte von uns entfernt standen diese beiden Milchgesichter, die sich für unbezwingbar hielten.



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