001 - Schweige still by Michael Robotham

001 - Schweige still by Michael Robotham

Autor:Michael Robotham [Robotham, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2019-12-22T23:00:00+00:00


33

Cyrus

Als ich mich dem Haus der Sheehans nähere, taucht ein Nachbar auf einem Elektroscooter am Vorgartentor auf. Fettrollen schwabbeln über seinen Gürtel, sodass man kaum erkennen kann, wo seine Beine anfangen.

»Sind Sie von der Polizei?«, fragt er aggressiv.

»Nein.«

Ich bleibe nicht stehen, aber er beschleunigt und folgt mir. Ich erkenne ihn von dem Foto wieder: Kevin Stokes – der ehemalige Schwimmlehrer, der acht Jahre gesessen hat, weil er zwei Jungen in der örtlichen Schwimmhalle missbraucht hat.

»Sind Sie wohl. Ich hab Sie neulich Abend gesehen. Wann wird das sauber gemacht?« Er weist mit dem Kopf auf sein Haus, wo mit roter Farbe die Wörter »Pädo« und »Perverser« auf den Gartenzaun geschmiert sind.

Ich gehe einfach weiter.

»Was ist mit meinen Rechten?«, schreit er.

»Was ist mit den Jungen, die Sie missbraucht haben?«, murmele ich.

Eine uniformierte Polizistin öffnet die Haustür der Sheehans.

»Ist jemand zu Hause?«, frage ich.

»Mrs Sheehan ist zur Kirche gegangen.«

»Und Mr Sheehan?«

»Er ist heute Morgen schon früh aufgebrochen.«

Die Constable notiert die Adresse der nahe gelegenen Kirche und skizziert den Weg auf einem Zettel. Ich folge ihrer Beschreibung, bis ich aus zwei Straßen Entfernung den Kirchturm sehe. Das Hauptportal ist geschlossen, deshalb probiere ich es am Seiteneingang und betrete ein Kirchenschiff mit Kreuzrippengewölbe. Um den Altar sind auf drei Seiten Stühle aufgestellt.

Maggie Sheehan schneidet Blumen an und arrangiert sie in hohen Vasen. Sie hat ein freundliches, offenes Gesicht mit hoher Stirn und hellblauen Augen. Sie ist introvertiert. Das habe ich neulich schon erkannt, als ich beobachtet habe, wie sie sich Dougal gefügt, ihn als Ersten hat sprechen lassen und mit Blicken beinahe um Erlaubnis gebeten hat, bevor sie eine Meinung äußerte. Als hätte sie sich daran gewöhnt, im Hintergrund zu bleiben. Ich kann mir vorstellen, wie leicht sie verschwinden, mit der Tapete verschwimmen oder sich in Luft auflösen könnte, ohne auch nur einen Fleck zu hinterlassen.

»Entschuldigen Sie die Störung, Mrs Sheehan«, sage ich und räuspere mich. »Erinnern Sie sich an mich?«

»Dr. Haven.«

»Cyrus.«

Sie schneidet weiter Blumen. »Wir haben so viele geschickt bekommen, dass ich dachte, ich sollte ein paar in die Kirche bringen«, erklärt sie. »Die Menschen sind sehr freundlich. Ich mache jede Woche die Blumen … und putze das Pfarrhaus für Vater Patrick.«

»Ich habe heute schon Felicity besucht«, sage ich. »Es muss ein Trost sein, dass sie so nahe wohnt.«

»Sie ist wie eine Schwester für mich. Die Leute haben immer gedacht, Bryan und ich seien Zwillinge, aber er ist zwei Jahre jünger. Ich weiß noch, wie er Felicity zum ersten Mal mit nach Hause gebracht hat, um sie unseren Eltern vorzustellen. Er hat mir zugeflüstert: ›Die werde ich heiraten.‹ Und das hat er getan.«

Sie knipst einen weiteren Stängel ab.

»Ich war damals schon mit Dougal verlobt. Wir haben über eine gemeinsame Hochzeit gesprochen, aber dann bin ich schwanger geworden, und wir mussten überstürzt vor den Altar treten. Schockiert Sie das?«

»Nein.«

»Vermutlich spielt es heutzutage keine so große Rolle mehr. Sex vor der Ehe. Eine schwangere Braut. Felicity hat mich bei der Geburt begleitet, weil Dougal ›die ganzen Einzelheiten‹ nicht sehen wollte. So hat er es genannt. Ich



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