Wo die Sterne tanzen (German Edition) by Katharina Herzog

Wo die Sterne tanzen (German Edition) by Katharina Herzog

Autor:Katharina Herzog [Herzog, Katharina]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644404908
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2020-05-18T22:00:00+00:00


Auch wenn Nele so schnell wie möglich zu Ben und seiner Familie wollte, holte sie zuerst im Deichschlösschen ihr Fahrrad und stattete dann Jens einen Besuch ab. Ohne Blumen konnte sie keinen Kondolenzbesuch machen.

Wie sie vermutet hatte, war ihr bester Freund in der Blumeninsel. Er band gerade einen Hochzeitsstrauß. Fünf orangerote Callas hatte er zu eine Art Zepter zusammengefasst, die Stängel mit einem Satinband umwickelt und Perlen in die Blüten gesteckt. Als Florist war er auf Juist inzwischen richtiggehend berühmt für seine experimentellen Kreationen, und auf dem Festland hatte er sogar schon Preise dafür bekommen.

«Nele!» Jens ließ den Blumenstrauß auf den Tisch sinken und eilte mit weit geöffneten Armen auf sie zu. War er früher eher mollig gewesen, kam er ihr nun bei jedem ihrer Treffen ein bisschen schlanker und durchtrainierter vor. Bei seinem letzten New-York-Besuch hatte er sich ein Augenbrauen-Piercing stechen lassen. Was Hannelore wohl dazu sagte? Wenn der Anlass ihres Besuchs nicht so ernst gewesen wäre, hätte Nele vermutlich gekichert.

Ein kleines, zugegebenermaßen etwas boshaftes Lächeln konnte sie sich aber nicht verkneifen. «Ich soll dich von Adam grüßen», sagte sie. «Er hat ein neues Tattoo. Es ist ein Vergissmeinnicht.» Nele wartete einen Augenblick auf seine Reaktion. Als Jens nichts sagte, zog sie ihn weiter auf: «Wusstest du, dass diese Blumen im Englischen scorpion grass heißen? Da du zufälligerweise nicht nur Florist, sondern auch Skorpion bist, haben Tanita und ich uns gefragt, ob das vielleicht etwas mit dir zu tun hat …»

Tanitas Banker-Freund Adam und Jens waren sich vor einiger Zeit schon nähergekommen. Nele hatte bald gemerkt, dass sie nicht mehr der einzige Grund für Jens’ zahlreiche Reisen nach New York war. Anfangs war das zwischen den beiden nur eine lockere Affäre gewesen. Doch als sie nun sah, wie Jens’ Gesichtshaut sich farblich den Callas in seinem Strauß anglich, und wenn sie Adams Tattoo mit in Betracht zog, wurde ihr klar, dass die ganze Sache inzwischen wohl ein wenig verbindlicher geworden war.

Leider war Jens in Bezug auf alles, was mit Adam zu tun hatte, untypisch verschlossen – enttäuschend! –, und mehr als ein bisschen Smalltalk war im Moment nicht aus ihm herauszuholen. Deshalb kam Nele schnell auf den eigentlichen Grund ihres Besuchs zu sprechen.

«Wusstest du, dass Bens Vater gestorben ist?», fragte sie.

«Ja, du nicht?»

Genau wie Oma Lotte ging Jens anscheinend davon aus, dass Ben und sie sich wöchentlich E-Mails schrieben oder miteinander telefonierten. «Es stand sogar in der BILD-Zeitung.»

«Die bekomme ich in New York nicht, du Holzkopf.» Die Nachrichtenübermittlung zwischen Juist und New York war anscheinend äußerst dürftig. Wer wusste, welche Neuigkeiten ihr noch alle entgangen waren! «Kannst du mir einen Blumenstrauß binden? Wenn ich gleich zum Kurhotel fahre und dort Bens Mutter begegne, möchte ich nicht mit leeren Händen dastehen.» Erstaunlich, dass die Familie so kurz nach dem Tod des Vaters hierherkam, dachte Nele. Sie selbst an ihrer Stelle hätte den Urlaub wahrscheinlich abgesagt.

«An welche Blumen hast du gedacht? Lilien?»

«Nein.» Sie rümpfte die Nase. Natürlich wären diese Blumen passend gewesen, aber sie mochte ihren Geruch nicht. «Die Callas in dem Brautstrauß finde ich hübsch.



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