Wind in den Tamarinden by Kayla Fleming

Wind in den Tamarinden by Kayla Fleming

Autor:Kayla Fleming [Fleming, Kayla]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8387-0439-5
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2011-04-14T00:00:00+00:00


24

Der Regen hielt den ganzen nächsten Tag an. Nora hatte in Südwest bisher nur kurze, überraschende Schauer erlebt, die so schnell wieder vorüberzogen, wie sie hereingebrochen waren. Jetzt erwachte sie am Morgen mit dem Hämmern der Tropfen auf dem Dach, das sie bereits durch die ganze Nacht begleitet hatte und am Abend zuvor ihr Schlaflied gewesen war. Die Fensterscheiben schienen sich unter den Sturzbächen, die unablässig daran herunterliefen, selbst zu verflüssigen.

Nora musste auf die Veranda gehen, wenn sie etwas Tageslicht haben wollte. Ein Vorhang aus flutender Nässe trennte sie vom Hof und den Ställen. Der Regen war warm und fiel mit solcher Wucht, dass die Tropfen vom Boden abprallten und fast zwanzig Zentimeter hoch spritzten, schwere, große Tropfen. Ein feiner Sprühnebel umgab Nora auch unter dem schützenden Verandadach. Wenn sie dort stand, mit verschränkten Armen, den Rücken an die Mauer gelehnt, kam es ihr vor, als wäre sie in einen Kokon aus prasselnden, tropfenden Lauten eingesponnen. Einmal streckte sie eine hohle Hand durch den schimmernden Vorhang, in das ohrenbetäubende Dröhnen, und der Regen traf sie wie ein Schlag,- im Nu war die Hand mit warmem Wasser vollgelaufen.

Der Himmel hing tief. Es schien, als trieben die Regenwolken gleich über den Wipfeln der wenigen Bäume, die das Feuer überlebt hatten. Die schwarz gebrannte Erde verwandelte sich in glitzernden Schlamm. Nora warf sich ein Cape um die Schultern und setzte ihren Hut auf, um über den Hof zu den Ställen zu laufen. Schon nach wenigen Schritten war sie bis auf die Haut durchnässt, als liefe sie durch einen Wasserfall, der abgerissene Zweige, Grasklumpen und sogar kleine Steine mit sich spülte. Der Hut wurde Nora vom Kopf gerissen, aber vom Kinnriemen gehalten. Ihre Kleidung klebte so fest an der Haut, dass sie nur kleine Schritte machen konnte. Zu ihren Füßen brodelte das lehmige Wasser, die Regenböen pflügten den Boden um. Die Dornbuschwälle des Viehgeheges schüttelten sich unter dem glitzernden Ansturm des Wassers, gaben aber nicht nach.

Die Luft im Inneren des Stalls war schal und drückend. Rinnsale troffen durch Löcher im Dach und gluckerten unter dem nassen Heu hervor. Nora sah nach den Pferden, den Rindern, den Schafen und versorgte sie; die Tiere standen nass und geduldig Flanke an Flanke, mit dampfendem Fell. Sie lief zurück und wechselte die Kleidung, während der Regen weiter auf das Dach prasselte.

Sie versuchte zu lesen. Die alten Zeitungen, mit denen Lissy die Kisten ausgestopft hatte, lagen in der Küche, wo Teresa sie glatt gebügelt und auf einen Stapel gelegt hatte. Nora las, dass japanische Torpedoboote ein russisches Geschwader angegriffen hatten, das vor Port Arthur an der Küste Koreas auf Reede lag; damit hatte der erste große Krieg des neuen Jahrhunderts begonnen. Sie las, dass der Elektrokonzern AEG nach und nach alle Konkurrenten schluckte und sich wahrscheinlich bald mit Siemens den gesamten Markt teilen konnte. Wer daran wohl alles verdient, dachte sie, am Krieg und am Strom? Bestimmt hatte Ludwig sich rechtzeitig mit Aktien eingedeckt, und Carl-Gustav sondierte wahrscheinlich den Markt für seine Schiffe im asiatischen Raum.

Am Abend zog Nora



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