Weigel Robin und Jennifer by Elke Weigel

Weigel Robin und Jennifer by Elke Weigel

Autor:Elke Weigel [Weigel, Elke]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: Konkursbuch
veröffentlicht: 2015-07-16T00:00:00+00:00


Die Generälin

Als das schwarze Automobil durch die Marktstraße ratterte, löste es Tumult aus. Kinder umringten das Fahrzeug, kaum dass es vor der Apotheke angehalten hatte. Sie betatschten das glänzende Blech, die Mütter riefen, sie sollten vorsichtig sein, wer wusste schon, an welchen Stellen das Gefährt heiß war?

Um einsteigen zu können, musste Robin die Kinder beiseitedrängen. Sie rutschte auf die Rückbank und konnte vor Aufregung kein Wort herausbringen. Paula band den Schal neu, der ihren Hut festhalten sollte, und strahlte sie an. Das Weiß ihres Musselinkleides blendete Robin.

Lise trat vorsichtig an den Wagen.

»Zieh lieber deine Handschuhe an«, flüsterte sie Robin zu und deutete mit dem Kinn auf Paulas Hände, die in weißem Leder steckten. Sie tat Lise den Gefallen, denn die alte Frau sorgte sich schon seit Tagen. Sie hatte Angst vor Maschinen, und eine Autofahrt schien ihr etwas Ungeheuerliches. Robin wäre gerne in Radlerkleidung gereist, aber das hatte Tante Erna nicht erlaubt. Also trug sie ein graues Reformkleid und einen schlichten Strohhut.

Männer kamen aus den umliegenden Werkstätten und Läden, standen nebeneinander und nickten wissend und anerkennend, auch wenn sie noch keine Autofahrt gemacht hatten. Jeder wollte beim Kofferanschnallen und Motoranwerfen helfen.

Lise rannte währenddessen ins Haus und holte noch eine Decke, die sie Robin und Paula um die Knie stopfte.

»Halt dich gut fest!« Lise sprang zurück, als der Fahrer seine Mütze zurechtrückte und sich hinter das Lenkrad schwang.

Vor der Apotheke standen Vater und Gustav und lachten. Tante Erna wirkte verkniffen, mehrfach hatte sie die letzten Tage gewarnt, dass Reisen einem Mädchen nur Flausen in den Kopf setzte.

»Benimm dich anständig, Roberta«, rief sie. »Wenn du zurückkommst, beginnt auch für dich der Ernst des Lebens.«

Unter der Decke packte Robin Paulas Hand und drückte sie. Alle winkten und die Wünsche für eine gute Fahrt gingen im Geknatter des Motors unter.

Auf der Steige nach Degerloch wurde das Automobil so langsam, dass man hätte nebenhergehen können. Unter ihnen im Kessel wirkte Stuttgart, in bewaldete Hügel eingebettet, wie ein Dorf. Oben auf der Filderhöhe streckten sich die Felder bis zum Horizont. In den Dörfern wurde das Automobil von Horden barfüßiger Kinder verfolgt. Die Straße, nach dem Winter voller Löcher, ließ sie nur mühsam vorankommen.

Nach zwei Stunden erreichten sie die Vulkanberge. Grün in allen Schattierungen flirrte im Sonnenlicht.

Auf einer Anhöhe lehnte Robin sich hinaus. »Es ist wundervoll! Man kann kilometerweit sehen, schau dir das an! Am liebsten möchte ich die ganze Welt bereisen, mit der Eisenbahn fahren und den Ozean überqueren!«

Paula zog die Decke über den Knien zurecht.

»Sitz doch still, dein Gezappel macht mich verrückt. Also ich hätte Angst, auf ein Schiff zu steigen. Mir reicht es, die fremdländischen Dinge im Haus meiner Tante anzuschauen. Ich sag dir, wenn man die Masken sieht, dann will man nicht mehr in Länder reisen, wo diese Barbaren leben.«

Robin lehnte sich in die Ecke der Rückbank, damit sie Paula anschauen konnte.

»Großtante …«

»Nennst du sie tatsächlich so?«

»Nein, ich muss Madame und ›Sie‹ zu ihr sagen. Im Stillen nenne ich sie die Generälin.«

Robin lachte. »Welchen Namen gibst du eigentlich mir? Im Stillen?«

Paula errötete. »Sie ist Fabrikantenwitwe.



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