Was kommt nach dem Klimawandel? (Telepolis) by Jörg Phil Friedrich

Was kommt nach dem Klimawandel? (Telepolis) by Jörg Phil Friedrich

Autor:Jörg Phil Friedrich
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783957881793
Herausgeber: Heise Medien
veröffentlicht: 2019-11-05T16:00:00+00:00


Wie wir leben und sterben werden

Trotz der großen Verwerfungen, die gerade beschrieben wurden, werden die Menschen nicht automatisch und innerhalb weniger Jahrzehnte aussterben. Wir müssen uns zunächst vergegenwärtigen, dass es zurzeit auf der Erde fast acht Milliarden Menschen gibt - und in den nächsten Jahren werden es, trotz des beginnenden Klimachaos, immer noch mehr. Sodann müssen wir bedenken, dass die Menschen es sich unter unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen, in Wüstenregionen und in tropischen Wäldern, in Regionen des ewigen Eises und in kargen Steppengebieten eingerichtet haben. Zudem haben Menschen in den vergangenen Jahrhunderten lang andauernde Kriege, tödliche Krankheitsepidemien und Naturkatastrophen überstanden. Diese waren zwar immer regional begrenzt, aber auch die Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten der Menschen waren begrenzt. Die heutigen Menschen verfügen über ein großes akkumuliertes Wissen, auch wenn dieses Wissen, welches womöglich zum Überleben gebraucht wird, nicht präsent ist, lässt es sich doch aktualisieren. Auf den folgenden Seiten wird es deshalb vor allem um die Frage gehen, wie wir leben werden, die Frage, ob die Menschen im Verlauf des Klimachaos aussterben müssen, bleibt Spekulation.

Beginnen wir jedoch mit dem schlimmsten und schrecklichsten und dennoch wahrscheinlichen Teil des Szenarios. Es gibt Regionen auf der Erde, auf denen der Großteil der dort lebenden Menschen tatsächlich wenig Chancen auf ein Überleben im Klimachaos haben wird. Die ansteigenden Meeresspiegel, verbunden mit Sturmfluten und extremen Überschwemmungen, werden weite Gebiete Ozeaniens und andere Inselgruppen unbewohnbar machen, die Menschen werden dort ertrinken, diejenigen, die die Überschwemmungen überleben, werden sich vom unfruchtbar gewordenen Land nicht ernähren können und an Hunger und Krankheiten sterben.

Kein Konjunktiv und kein relativierender Einschub, dass dies "zu befürchten" oder "als Risiko anzunehmen" sei, darf uns davor bewahren, diesem Zukunftsszenario in die Augen zu sehen. Einige von ihnen werden zu fliehen versuchen - aber wohin? Wir wissen aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre, dass niemand bereit sein wird, diese Menschen aufzunehmen und zu versorgen. Das gilt für jene aus den Inselstaaten ebenso wie für die, die aus überfluteten und unbewohnbaren Küstenregionen ins Innere ihrer Kontinente fliehen. Das Klimachaos wird jedes Land, jede Gesellschaft, vor eigene Herausforderungen und Risiken stellen, da sollten wir nicht die Hoffnung pflegen, dass etwa die Europäer bereit sein werden, die Evakuierung und Neuansiedlung der Klimaflüchtlinge aus den ärmsten und gefährdetsten Ländern zu organisieren und zu finanzieren.

Aus eigener Kraft werden ohnehin nur die wenigsten von ihnen sich auf den Weg machen können. Die meisten werden ohne Hoffnung, so lange wie es geht, von den Resten ihrer Habe zehren und dabei zugrunde gehen.

Das ist gemeint, wenn wir vom Ende der Menschheit, dem Ende der Zivilisation, sprechen. Es wird dazu kommen, dass wir hier in den am besten ausgestatteten Gesellschaften, wir, die durch ihre Industrialisierung und ihr ungehemmtes Wachstum den größten Teil der Katastrophe zu verantworten haben und die wir zudem den Menschen in den anderen Regionen der Welt ein Bild von Wohlstand vorgelebt und als anzustrebendes Vorbild hingestellt haben, sodass auch diese auf den leuchtenden Pfad des Verderbens eingeschwenkt sind, wir werden nicht nur die Türen, sondern auch die Augen und Ohren vor dem Leid der



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