Das egoistische Gen by Richard Dawkins

Das egoistische Gen by Richard Dawkins

Autor:Richard Dawkins [Dawkins, Richard]
Die sprache: deu
Format: epub


11. Meme, die neuen Replikatoren

Bisher habe ich nicht viel über den Menschen im besonderen gesagt, obwohl ich ihn andererseits auch nicht bewußt ausgeschlossen habe. Wenn ich den Ausdruck „Überlebensmaschine“ benutzt habe, so zum Teil deshalb, weil das Wort „Tier“ die Pflanzen und in den Augen einiger auch den Menschen ausgeklammert hätte. Die Argumente, die ich vorgebracht habe, müßten auf den ersten Blick gesehen auf jedes durch Evolution entstandene Wesen zutreffen. Wenn eine Art ausgenommen werden soll, so muß es dafür gute Gründe geben. Gibt es gute Gründe für die Vermutung, daß unsere eigene Spezies einzigartig ist? Ich glaube, die Antwort lautet ja.

Ein Großteil dessen, was am Menschen ungewöhnlich ist, läßt sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: „Kultur“.

Ich verwende das Wort nicht in seinem snobistischen Sinne, sondern so, wie ein Wissenschaftler es benutzt. Die kulturelle Überlieferung ist der genetischen Vererbung insofern ähnlich, als sie zwar im wesentlichen konservativ ist, aber dennoch eine Form von Evolution hervorrufen kann. Der englische Dichter Geoffrey Chaucer könnte mit einem Engländer von heute keine Unterhaltung führen, obwohl die beiden durch eine ununterbrochene Kette von etwa 20 Generationen miteinander verbunden sind, von denen jede sich mit ihren unmittelbaren Nachbarn in der Generationenfolge wie Vater und Sohn unterhalten konnte. In der Sprache scheint es eine nichtgenetische „Evolution“ zu geben, und diese verläuft um ein Vielfaches schneller als die genetische Evolution.

Kulturelle Vererbung gibt es nicht nur beim Menschen. Das beste nicht auf Menschen bezogene Beispiel, das ich kenne, hat kürzlich P. F. Jenkins beschrieben. Es ist der Gesang eines Vogels, des Neuseeland-Lappenstares, der auf den Inseln vor der neuseeländischen Küste lebt. Auf der Insel, auf der Jenkins arbeitete, gab es im ganzen ein Repertoire von etwa neun verschiedenen Melodien. Jedes Männchen beherrschte nur eine oder ein paar dieser Melodien. Die Männchen ließen sich in Dialektgruppen einteilen. Zum Beispiel sang eine Gruppe von acht Männchen mit benachbarten Revieren ein spezielles Lied, das Jenkins die CC-Melodie nannte. Andere Dialektgruppen sangen davon abweichende Melodien. Zuweilen hatten die Angehörigen einer Dialektgruppe mehr als einen charakteristischen Gesang gemeinsam. Durch Vergleichen der Melodien von Vätern und Söhnen zeigte Jenkins, daß die Gesangsmuster nicht genetisch ererbt waren. Wahrscheinlich übernahm jedes junge Männchen durch Nachahmung Gesänge von seinen Reviernachbarn, auf eine ähnliche Weise, wie dies auch bei der menschlichen Sprache geschieht. Fast während der gesamten Zeit, die Jenkins dort verbrachte, gab es auf der Insel eine feststehende Zahl von Melodien, eine Art „Melodiepool“, aus dem jedes junge Männchen sein eigenes kleines Repertoire schöpfte. Hin und wieder hatte Jenkins das Glück, die „Erfindung“ eines neuen Gesangs mitzuerleben, der durch einen Fehler bei der Nachahmung einer alten Melodie entstand. Er schreibt: „Wie gezeigt wurde, entstehen neue Gesangsformen auf verschiedene Weise durch Verändern der Tonhöhe, Wiederholung eines Tones, Auslassung von Tönen und Verknüpfung von Teilen anderer bestehender Lieder ... Das Auftreten einer neuen Form war ein plötzliches Ereignis, und das Produkt blieb für eine Reihe von Jahren ziemlich unverändert. Außerdem wurde in einer Reihe von Fällen die Variante in ihrer neuen Gestalt an junge Sänger weitergegeben, so daß sich eine erkennbar kohärente Gruppe von Individuen mit ähnlichem Gesang entwickelte.



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