Vom Wahn zur Tat by Stompe Thomas
Autor:Stompe, Thomas [Stompe, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Residenz
veröffentlicht: 2013-11-22T00:00:00+00:00
Der Fall Josef D. â Eine verworrene Geiselnahme
Josef D. nahm 2007 die Amtsärztin der Salzburger Bezirkshauptmannschaft und eine Sozialarbeiterin gefangen und sperrte sie in seine Wohnung ein. Die Ãrztin bedrohte er mit einem Schaber. Er nötigte sie zum Ablegen der Bekleidung und verletzte sie mit dem Schaber am rechten Daumen und fügte ihr Schnittwunden an der linken Wange zu.
Josef D. wurde 1964 geboren. Beide Eltern waren Lehrer. Er wuchs zum Teil in Linz, zum Teil in Salzburg auf, sowohl bei den Eltern als auch GroÃeltern. Der Tod der GroÃeltern in den Siebzigerjahren traf den Patienten in der Volksschulzeit merklich. Nach vier Klassen Volksschule und acht Klassen Gymnasium schloss er positiv mit der Matura ab. Er selbst berichtet, er sei ein eher schlechter Schüler gewesen und habe unter deutlichem Leistungsdruck gestanden. Die Mutter des Patienten erzählt, dass ihr Sohn mit der Pubertät verschlossener geworden sei. Es sei schwer gewesen, mit ihm ins Gespräch zu kommen, und er habe den Eindruck gemacht, alles in sich hineinzufressen. Mit 16, 17 Jahren habe es einen Leistungsknick gegeben, er habe einen sehr rigiden Eindruck gemacht und sich auch dann von Vorstellungen nicht lösen können, wenn er erkannt habe, dass sie nicht ausführbar seien. Nach der Matura sei der Patient einem Psychiater vorgestellt worden. Eine Diagnose oder medizinische Therapie ist der Mutter nicht erinnerlich, es habe aber Ãberlegungen in Richtung Hebephrenie gegeben.
Nach der Matura begann Josef D., Vermessungswesen zu studieren. Das Studium gab er auf und leistete danach zwei Monate Präsenzdienst ab. Während seines Grundwehrdienstes habe er, so D., bei einem Besuch zu Hause von seiner Mutter ein Stück Torte verlangt, welches für den nächsten Tag bereitgestellt gewesen sei. Im Zuge eines daraus sich entwickelnden Streites sei er auf seinen Vater losgegangen, er habe erklärt: âIch bring euch alle umâ. Die Mutter verständigte den Hausarzt, D. kam ins Krankenhaus. Im Anschluss landete er für kurze Zeit im Heeresspital, für die restliche Dauer des Präsenzdienstes war er freigestellt.
Josef D. berichtet, er habe nach dem Bundesheer bis auf kurze Teilzeitjobs keine Arbeit mehr gehabt, seit 1996 sei er in Pension. Damals zog er auch in eine eigene Wohnung in Mistelbach. Die Mutter erzählt, dass er mehrmals stationär im Krankenhaus gewesen sei, die Diagnose habe Schizophrenie gelautet. Medikamente habe er allerdings schlecht vertragen und immer wieder abgesetzt. Deswegen komme es auch immer wieder zu aggressiven Tätlichkeiten. Einmal habe er ein Kalb halb totgeschlagen, sei dann auf den Viehhändler losgegangen und habe ihm einen Jochbeinbruch zugefügt. Der Schwägerin habe er einen Telefonhörer auf den Kopf geworfen, auf den Vater sei er mit einer Injektionsspritze losgegangen. Die Brüder hätten Angst vor dem Patienten gehabt und kein Wochenende mehr mit ihm verbringen wollen.
Bis 2005 war Josef D. viele Jahre ohne stationären Aufenthalt in ambulanter Behandlung des Psychosozialen Dienstes. Die Medikamente nahm er unregelmäÃig, war aber einigermaÃen psychopathologisch stabil. Im März 2005 ging es ihm psychisch erneut schlechter, er war wahnhaft und angetrieben, hatte seine Freundin, welche die Gendarmerie benachrichtigen wollte, gestoÃen. Daraufhin wurde D. für drei Wochen stationär aufgenommen. Da sich sein
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