stapledon01 by Unknown

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Autor:Unknown
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-05-30T00:00:00+00:00


Der Zusammenbruch von zwei Welten

Als 50 000 Jahre seit ihrem ersten Erscheinen auf der Erde längst vorübergegangen waren, eroberten die Marswesen einen Brückenkopf in der antarktischen Hochebene und überrannten von dort aus Australasien und Südafrika. Viele Jahrhunderte lang behielten sie einen großen Teil der Erdoberfläche im Besitz, betrieben eine Art Landwirtschaft, studierten die Verhältnisse auf der Erde und verwandten sehr viel Energie auf die ›Befreiung‹ von Diamanten.

Während jener beträchtlichen Zeitspanne, bis sie sich auf der Erde niederließen, war kaum irgendeine Veränderung ihrer Mentalität bemerkbar. Das Leben auf der Erde begann dann jedoch ihre Selbstgefälligkeit und ihre Einheit zu untergraben. Einigen forschenden Marswesen drängte sich der Gedanke auf, daß es sich bei den Zweifüßlern der Erde trotz ihrer Unempfindlichkeit gegenüber Schwingungen und Strahlungen in Wirklichkeit um die Intelligenzen des Planeten handelte. Zunächst wich man dieser Überlegung geflissentlich aus, aber nach und nach erregte sie die Aufmerksamkeit aller auf der Erde lebenden Marswesen. Gleichzeitig wurde ihnen bewußt, daß alle ihre Forschungsvorhaben zur Erkundung der irdischen Verhältnisse, und selbst das soziale Gefüge ihrer Kolonie, nicht von ihrem Superindividuum abhingen, sondern von einzelnen Individuen, die eigenständig aus privater Initiative handelten. Das Superindividuum der Kolonisten veranlaßte lediglich den Kreuzzug zur Befreiung der Diamanten und die verschiedenen Unternehmen, um die irdische Intelligenz oder Strahlung auszulöschen. Diese neuen Einsichten erweckten die Kolonisten vom Mars aus einem uralten Traum. Sie erkannten, daß das von ihnen verehrte Superindividuum kaum mehr Vermögen als sie selber besaß, daß es nur die Summe ihrer atavistischen Phantasien und Sehnsüchte war, zu der sich in ihrem gemeinsamen Bewußtsein nur noch eine gewisse praktische Intelligenz hinzugesellt hatte. Eine sehr schnelle und verblüffende Renaissance ergriff die gesamte Kolonie. Ihr zentraler Lehrsatz lautete, daß für die Gattung der Marswesen nicht die Strahlung, sondern die Bildung einer Mentalität von größtem Wert wäre. Seit dem frühesten Beginn der Marszivilisation hatte man diese beiden völlig andersartigen Begriffe verwechselt und sogar gleichgesetzt. Endlich konnte man den Unterschied klar erkennen. So begannen die Marswesen mit einer tastenden, aber ehrlich gemeinten Erforschung ihrer Seele und ihres Geistes und unterschieden dabei sogar zwischen den niedrigeren und höheren geistig-seelischen Betätigungen.

Hätte sich diese Renaissance ungestört weiterentwickelt, so läßt sich nicht absehen, wohin sie noch geführt haben könnte. Möglicherweise hätten die Marswesen noch rechtzeitig zu erkennen vermocht, daß auch völlig andersartige geistige und seelische Strukturen anderer Lebensformen von Bedeutung und Wert sein können. Zunächst war eine solche Verstandesleistung jedoch für sie unmöglich. Obwohl sie begriffen hatten, daß die irdischen Zweifüßler ein Bewußtsein besaßen und intelligent waren, empfanden sie diesen gegenüber keinerlei Sympathie, sondern betrachteten sie im Gegenteil mit noch stärkerer Feindseligkeit. Sie fühlten sich ihrer Marsrasse gegenüber nach wie vor in Treue verbunden, weil sie so gleicher Art wie sie selber und desselben Geistes war. Ihr Bestreben war es, das öffentliche Bewußtsein der Kolonie und sogar des Mars nicht etwa aufzugeben sondern umzubilden.

Aber das Superbewußtsein der Kolonisten beherrschte die einzelnen noch immer, auch in jenen Zeiten, da sie als Individuen dahindämmerten. So sandte es einige von denjenigen, die in ihren privaten Phasen durchaus revolutionär waren, zurück zum Mars, daß sie von dort Hilfe gegen die revolutionäre Bewegung herbeiholen sollten.



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