Sounds of Hollywood • Wie Emigranten aus Europa die amerikanische Filmmusik erfanden by Daniel Hope & Wolfgang Knauer

Sounds of Hollywood • Wie Emigranten aus Europa die amerikanische Filmmusik erfanden by Daniel Hope & Wolfgang Knauer

Autor:Daniel Hope & Wolfgang Knauer [Hope, Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644047914
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-07-30T16:00:00+00:00


Frust in «Schein-Heiligenstadt»

Auf Hollywood hatte Zeisl, bestärkt von seinem Freund Eisler, große Hoffnungen gesetzt. Es ließ sich auch gut für ihn an, denn tatsächlich erhielt er einen Vertrag von der Filmgesellschaft MGM und fing als Komponist und Arrangeur im «Music Department» an. Neben vielen anderen traf er dort auf jenen Bronislaw Kaper, der schon Anfang der dreißiger Jahre zusammen mit Walter Jurmann aus Berlin nach Los Angeles gekommen war.

Gleich nach Zeisls Start bei MGM arbeiteten die beiden gemeinsam an der Musik für den Kriegsfilm «Bataan», der von der Schlacht zwischen Amerikanern und Japanern um die Philippinen handelt und 1943 in die Kinos kam. In kurzen Abständen folgten weitere Produktionen, an deren Musik Zeisl mitwirkte, darunter «The Postman Always Rings Twice» mit Lana Turner und John Garfield und «Song of Russia», der Geschichte eines amerikanischen Dirigenten, der kurz vor dem deutschen Einmarsch in die damalige Sowjetunion reist und sich in eine schöne russische Pianistin verliebt. Der Streifen sollte später in der vom Kalten Krieg geprägten McCarthy-Ära ein bizarres Nachspiel haben: Der Kongress-Ausschuss für «unamerikanische Umtriebe», der in Hollywood nach kommunistischen Sympathisanten fahndete, sah in ihm einen prosowjetischen Propagandafilm und setzte ihn auf seine schwarze Liste.

Als Barbara Zeisl an die Zeit ihres Vaters beim Film zurückdachte, kam ihr auf Anhieb ein Vergleich in den Sinn:

«Es ging zu wie in einer Fabrik. Es arbeiteten immer gleich mehrere Komponisten an einem Film, jeder schrieb nur kleine Stücke, zwei Minuten hier und drei Minuten dort. Die komplette Musik für einen ganzen Film hat mein Vater nie komponieren dürfen, und wenn auf der Leinwand der Abspann erschien, tauchte sein Name nie auf. Alles war sehr unbefriedigend für ihn, und in seinen Briefen kann man nachlesen, wie unzufrieden und desillusioniert er war.»

Eric Zeisl war von seinen Erfahrungen in Hollywoods Filmbetrieb frustriert, und seine Enttäuschung übertrug sich auf die ganze Stadt, die für ihn keine Traumfabrik war, sondern ein Ort, der Träume zunichtemachte. Aus dem an «holy» (heilig) erinnernden Namen machte er wortspielerisch «Scheinheiligenstadt» und traf damit die Empfindungen, die viele andere Emigranten mit ihm teilten. Wie hatte Friedrich Hollaender gesagt? «Was ist dieses sagenhafte Hollywood? Ein Spiel mit Licht. Ein Lichtspiel. Werden am Feierabend die elektrischen Studiolampen gelöscht, versinkt ein Atlantis. Fahl im Mondlicht hängen die kostspieligen Unwirklichkeiten in den Brettern, die die Welt bedeuten möchten.»

Barbara Zeisl erinnerte an Alexandre Tansman, der als junger Mann aus seiner polnischen Heimat nach Paris gezogen war, dort französischer Staatsbürger wurde und, weil er Jude war, nach dem Einmarsch der Deutschen in die USA flüchtete. Auch Tansman hatte als Komponist auf Hollywood gesetzt, fand Engagements in den Studios, war mit seiner Arbeit erfolgreich und wurde 1946 mit der Musik zu dem Kriegsfilm «Paris Underground» sogar für den Oscar nominiert – doch glücklich wurde auch er nicht. Das Wichtigste an Hollywood war für ihn die Begegnung mit Igor Strawinsky, den er bewunderte und dem er in seinen neun Sinfonien und zahlreichen Orchesterwerken nacheiferte. Die Filmmusik blieb nur eine Episode in seiner Laufbahn, ähnlich wie bei Eric Zeisl.

«Mein Vater und Tansman waren sehr miteinander befreundet, und in vielen Briefen haben sie sich wechselseitig ihr Leid geklagt.



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