Schmerz by Jeany Lena

Schmerz by Jeany Lena

Autor:Jeany Lena [Lena, Jeany]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Gegenwartsliteratur, Horror, Wunschliste
veröffentlicht: 2015-01-15T23:00:00+00:00


Die nächsten Tage, holte ich ihn vehement nach unten, um Spazieren zu gehen. Und jedes Mal hatte ich tatsächlich den Eindruck, dass es ihm gut tat. Seine Schritte wurden nach einer Weile lockerer und raumgreifender und seine Laune besserte sich dementsprechend. Wir gingen auch wieder gemeinsam fort. Meine Freunde ließen mich wieder hängen, doch mittlerweile war es mir egal. Ich hatte sowas in der Art kommen sehen. Schien, als wollten sie nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich immer noch keinen Job hatte. Elendige Heuchler, alle miteinander!

Was mir ein wenig zusetzte, war, dass Kevin von sich aus niemals seine Gefühle zeigte. Immer war ich derjenige, der an ihn herantrat um ihn zu küssen. Oder der ihm die Klamotten auszog, wenn ich scharf auf ihn war. Die Initiative ging niemals von ihm aus. Doch ich schob es noch auf die Zweifel, die ihn vermutlich immer noch quälten.

Ich bemühte mich, ihm anzusehen, was er brauchte. Beobachtete ihn genau, damit ich herausfand, was ihm fehlte. Es war anstrengend und ich hoffte jeden Tag, dass er von sich aus mit der Sprache herausrückte. Doch das war vergeblich. Wenn ich ihn fragte, sagte er immer nur: „Nichts.“

Ich bohrte dann nicht weiter nach, denn mittlerweile sollte er doch wissen, dass er es mir einfach sagen konnte. Und dann erinnerte ich mich daran, dass ich mir vorgenommen hatte, ihn stillschweigend zu unterstützen. Also drängte ich zurück, wann immer ich ungehalten werden wollte und machte so weiter.

Dann war ich drei Tage mit meinem Vater auf Geschäftsreise. Oder besser er war auf Geschäftsreise und ich durfte mit. Das war jedes Jahr im Sommer gewesen, immer in einer anderen Stadt. Bisher hatte ich diese Tage immer besonders genossen, doch diesmal nicht. Erstens hatte Kevin bloß genickt, als ich ihm gesagt hatte, dass ich drei Tage weg wäre. Das hatte mich ziemlich verblüfft und dann wütend gemacht. Es schien ihm vollkommen egal, ob ich bei ihm war, oder nicht. Und zweitens fehlte er mir schrecklich. Die Tage waren die längsten meines Lebens und ich wollte nur wieder nach Hause. Mein Vater schüttelte über meine Laune nur den Kopf.

Nach den drei Tagen brannte ich darauf, Kevin wiederzusehen. Ich klingelte und er kam nach unten. Es war wie ein Schlag in den Magen. Er lächelte mich zwar an, doch das war es auch schon. Er fiel mir nicht um den Hals, küsste mich nicht. Hatte er noch nie gemacht, doch nach diesen drei Tagen hatte ich mit etwas mehr Euphorie gerechnet. Schweigend gingen wir dahin. Ich versuchte, meinen Zorn zu unterdrücken und er? Ich hatte keinen blassen Schimmer, was in seinem Kopf vorgehen könnte. Er sah fast beteiligungslos vor sich hin.

Als wir bei ihm angekommen waren, ging er einfach weiter, obwohl ich bei der Haustür anhielt.

„Bis morgen“, verabschiedete ich mich. Er nickte und stieg die Stufen hoch. Verdammt! Was sollte das?

Wütend trat ich gegen die Mauer. Enttäuschung war in mir. Bittere Enttäuschung. Und Wut, weil er mich scheinbar doch nicht wollte. Oder was auch immer seine Laune sein mochte. Ich wandte mich ab, wollte nach Hause.



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