Rumänien für Deutsche by Hilke Gerdes

Rumänien für Deutsche by Hilke Gerdes

Autor:Hilke Gerdes
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ch. Links Verlag
veröffentlicht: 2014-10-24T00:00:00+00:00


Korruption

»Ich hoffe, dass ich keine doppelten Standards angelegt habe, als ich gesagt habe, Rumäniens Position auf dem Index sei ein Warnsignal. Denn ich habe auch gesagt, dass Polen mit seinem relativ schlechten Wert auch ein großes Problem für die EU ist. Deshalb gebe ich Ihnen Recht: Es ist absolut nicht fair, immer nur auf Rumänien zu blicken. Denn wenn wir uns Polen ansehen oder auch ältere EU-Mitglieder wie Griechenland oder Italien, so müssen wir feststellen, dass auch sie ernste Probleme mit der Korruption haben», sagte Miklos Marschall von Transparency International im Interview mit der Deutschen Welle Anfang November 2006. Die Organisation bringt jährlich einen weltweiten Korruptionsindex heraus, der auf nationalen Umfragen basiert. Rumänien steht 2006 auf Platz 84, im Vergleich zum Jahr 2000 hat sich das Land um 18 Plätze verbessert. Damit liegt es hinter Bulgarien und Polen. Korruption befördert den Reichtum weniger und die Armut vieler. Sie war eines der problematischen Kapitel während der EU-Beitrittsverhandlungen und ist bis heute präsent, auch wenn einiges zu ihrer Bekämpfung getan wurde.

20 Prozent der Rumänen geben zu, Schmiergeld gezahlt zu haben. Eine rumänische Bekannte klagt, dass sie ohne Zahlungen keine Aufträge für ihre PR-Agentur bekommt. Wir konnten in Rumänien einige EU-finanzierte Projekte sehen, bei denen es wohl primär darum gegangen war, dem Direktor ein schönes Wohnhaus, dem örtlichen Bauunternehmer einen attraktiven Auftrag zu verschaffen und dem Lokalbaron die Geldkassette aufzufüllen. Zu den schönsten Beispielen gehört im Donaudelta der Bau einer Straße mitten in einem Gebiet, das keinen Anschluss an Autostraßen hat. Oder der eng gepflanzte Schilderwald mitten auf dem Strand, der dazu auffordert, man habe die Umwelt zu respektieren und seinen Müll ordentlich zu entsorgen. An den Ringen, die jeden Schildermast entsprechend der vorgesehenen Mülltrennung dreifach zierten, fehlten allerdings die Müllbeutel.

Die Bereiche Politik und Justiz gelten als die korruptesten. Als der britische Europa-Minister bei einem Besuch in Bukarest erklärt, Rumänien müsse die Korruption stärker bekämpfen, um Investoren anzulocken, pflichtet ihm von rumänischer Seite u. a. die Ministerin für europäische Integration, Hildegard Puwak, bei. Sie selbst tritt später von ihrem Amt zurück, weil die Firmen ihrer Familie ungerechtfertigte Ausgaben mit EU-Geldern beglichen haben.

Auf Betreiben des Nationalen Antikorruptions-Direktoriums (DNA) wurde der ehemalige Ministerpräsident und PSD-Vorsitzende Adrian Năstase unter Anklage gestellt. Es ging um Amtsmissbrauch, Erpressung und insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro Bestechungsgelder. Zum ersten Mal in der Zeit nach 1989 hatte man einen solch ranghohen Politiker angeklagt. Nastase beteuerte seine Unschuld und sah sich als Opfer der rumänischen Regierung, die der europäischen Öffentlichkeit demonstrieren wollte, etwas gegen Korruption zu unternehmen. Zu einer Lachnummer wurde seine Erklärung, von einer Tante, die in bescheidenen Verhältnissen lebte, ein großes Grundstück geerbt zu haben, und zu einem Fehlschlag gestaltete sich seine öffentliche Demonstration von Transparenz, als er der Presse sein Privathaus öffnete. Entsetzt über den schlechten Geschmack des bekannten Kunstsammlers waren die einen, empört über die Anhäufung von Luxusgütern die anderen. Wie vor 1989 liefen die Transfers von Geld und Gütern über rumänische Botschaften im Ausland. In diesem Falle über Hongkong; Năstase war zu Ceauşescus Zeiten Botschafter in China gewesen.



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