Roter Staub by Paul J. McAuley

Roter Staub by Paul J. McAuley

Autor:Paul J. McAuley [McAuley, Paul J.]
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2010-09-13T12:01:19.203000+00:00


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42

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Das schmiedeeiserne Tor war doppelt so hoch wie Lee. Es enthielt Szenen des Herdenlebens, die geschickt in seine Stäbe eingewebt worden waren. Auf seine Berührung hin klickte das Schloß, und das Tor schwang zurück. Lee, gefolgt von Chen Yao, ging durch den Bogengang in einen Hof, wo eine kleine Fontäne spielte, ein sprudelnder Wasserstrahl, der aufstieg und über einen Kegel aus Schindeln herabtröpfelte. Lee badete darin das gasverbrannte Gesicht. Das Wasser stach wie flüssiges Feuer, ehe es den Schmerz linderte.

»Ich halte das für keine gute Idee«, sagte Chen Yao nervös, während sie sich im Hof umschaute.

Geranien wucherten dicht in großen Tontöpfen. Ihre leuchtend roten Blüten schienen in dem Dämmerlicht zu schweben und erfüllten den Hof mit ihrem staubigen Geruch. Balkone hoben sich vier Geschosse hinauf bis zu einem Glasdach; Fahnen hingen wie Zungen von ihren Balustraden herab.

»Er schuldet mir Geld«, sagte Lee. »Wir werden es nötig haben.«

»Wir müssen aus der Stadt. Zuerst heilen wir die Kranken und dann werden wir zu Bettlern. Bei dieser Geschwindigkeit werde ich eine alte Frau sein, wenn wir den Tigerberg erreichen.«

»Pscht. Hör mal!«

Irgendwo sang eine Frau ein Lied in einer Sprache, die Lee nie zuvor gehört hatte. Sie sang voller Inbrunst, übertönt durch Wellen von Orchestermusik. Es war kein Rock’n’Roll, dennoch zerrte es gleichermaßen an Lees Herz.

Licht schien aus einer offenen Tür auf der anderen Seite des Hofs.

Von dorther kam die Musik.

Der Raum hinter der Tür hatte eine hohe Decke und Holzpaneele. Dicke Teppiche lagen auf dem Fußboden und dämpften Lees Fußtritte. Das Licht kam von einer großen Lampe hinter einem Sofa, worauf Falke lag, gestützt von Kissen, während er Rauch aus einer Wasserpfeife einsog. Das Zimmer roch nach einer sinnlichen Kombination aus süßem Haschischrauch und Creme de Menthe.

»Komm herein, Lee«, sagte Falke. Er wirkte nicht im geringsten überrascht und überhaupt nicht unter Drogen stehend. »Setz dich. Es freut mich, dich zu sehen.«

Er machte eine träge Geste. Schmale Lichtkegel fielen von hoch oben herab und beschienen zwei Hocker. Die Musik verblaßte zu einem Flüstern.

Lee sagte fest: »Ich bin gekommen, das Geld zu holen, das du mir schuldest.«

»Oh, alles zur rechten Zeit«, sagte Falke.

»Meine Freundin und ich, wir brechen zu einer Reise auf.«

»Ich weiß. Darum habe ich dich gebeten, dich zu setzen, weil ich mit dir darüber reden will. Das war ja eine ansehnliche Show, die du veranstaltet hast.«

»Oh. Das weißt du.«

»Jeder kommerzielle Kanal hat immer wieder Bänder davon abgespielt, bis sie von den Milizen des Kleinen Vogels abgedreht worden sind.« Falke lachte. »Wei Lee, ich sollte dir sagen, weshalb die Regierungstruppen nach deiner… Vorstellung nicht zurückgeschossen haben. Sie waren alle verdrahtet, und der Kleine Vogel hat ihre Stecker herausgezogen. Er hat die Kommandozentrale getroffen. Nur die Offiziere waren übrig. Wie fühlt es sich an, eine Revolution in Gang gebracht zu haben?«

»Vielleicht habe ich eine beendet.«

»Vielleicht… aber der Kleine Vogel ist weder ein Himmelsstraßler noch ein Konservativer. Nein, er ist ein Isolierer: Mars für die Marsianer. Er hat unter den Zehntausend Jahren keine Machtbasis, nur allgemeine Unterstützung, und bald genug wird er von den Conchies vernichtet werden, ebenso wie sie die Himmelsstraßler vernichtet haben.



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