Putins verdeckter Krieg by Boris Reitschuster

Putins verdeckter Krieg by Boris Reitschuster

Autor:Boris Reitschuster
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2015-12-31T16:00:00+00:00


ENTSCHLOSSEN UNENTSCHLOSSEN – DIE DEUTSCHEN MEDIEN

Die Atmosphäre hatte etwas von einem Bunker. Das Restaurant »Budwar«, auf Deutsch Budweiser, befindet sich im Keller eines grauen, hässlichen Plattenbaus im Herzen Moskaus, an der Taganka, einem der geschichtsträchtigsten Viertel der Hauptstadt. So unscheinbar das »Budwar« von außen wirkt, so entpuppt es sich im Inneren doch als kleine Oase westeuropäischer Bierseligkeit. Der Mann, mit dem ich mich hier zum Mittagessen traf, kam mit einer West-Limousine mit Blaulicht vorgefahren, direkt aus dem Kreml. Sein Chauffeur sprang hastig aus dem Wagen, um ihm die Tür zu öffnen. Die Augen der Kellnerinnen strahlten, kaum war er durch die Tür des »Budwar« gekommen – sie kannten ihn aus dem Fernsehen. Er war ganz nah dran an Wladimir Putin, dem Mann, der damals erst das zweite Jahr im Kreml war und dem man seine Unsicherheit ansehen konnte – nicht auf den Fernsehbildern, die sorgfältig inszeniert und gefiltert wurden, sondern wenn man ihn aus nächster Nähe sah, wenn man beobachten konnte, wie er hinter dem Rednerpult nervös mit Füßen und Händen spielte. Mein Gast war so bekannt, dass ihm die Kellnerin sofort eine Rabatt-Karte für das »Budwar« schenkte – was mir etwas sauer aufstieß, denn mir als Stammgast wurde noch nie so ein Angebot gemacht.

Beim zweiten Glas Bier stimmte der Mann aus dem Kreml das übliche Klagelied an: »Warum ist Russland so unbeliebt im Westen? Warum kommen wir so schlecht an? Was machen wir bloß falsch?« Mit »Russland« meinte er seinen Chef, Wladimir Putin.

»Ihr setzt immer noch auf die alten sowjetischen Methoden! Sperrig, unflexibel, mit dem Holzhammer«, antwortete ich.

Er nahm einen Schluck: »Was machen die Amerikaner besser als wir?«

Ich nippte an meinem Bier: »Es gibt diesen blöden Witz, in dem sich die Ratte beim Hamster beklagt: ›Wir sind doch enge Verwandte, von einer Art – aber euch Hamster lieben die Menschen, halten euch als Haustiere. Uns dagegen hassen sie, versuchen uns zu vergiften. Warum?‹ Der Hamster lacht: ›Weil wir die bessere PR haben.‹ Aber dieser Witz ist Unsinn. Das beste Parfum hilft nicht, wenn man sich nicht manchmal wäscht. Ihr müsst die Realität verändern und nicht das Spiegelbild!«

Er sah mich interessiert an: »Nein! Das mit dem Hamster, das bringt es auf den Punkt! Die Realität ist nirgends rosig. Man muss sie überall lackieren, in allen Ländern. Wichtig ist es, das gut zu machen! Die Amis schaffen das. Wir müssen das auch hinkriegen!«

Ich schüttelte den Kopf: »Wir wissen beide, wie viel hier im Argen ist. Man kann einen Lada nicht als Mercedes verkaufen, das geht nicht.«

Er blickte mich verschmitzt an: »Da bin ich mir nicht so sicher! Die Sowjetunion hatte weltweit Anhänger. Und die Amis schaffen es auch. Wir müssen uns nur anpassen. Euer Wissen anzapfen. Mit Euren Fachleuten, mit PR-Spezialisten, mit Euren Methoden!«

Ich lachte: »Na, da wünsche ich viel Spaß! Der Lada wird ein Lada bleiben, und jeder wird das sehen.«

Jetzt, fast anderthalb Jahrzehnte später, ist mir das Lachen im Halse steckengeblieben. Nie hätte ich gedacht, dass diese Taktik, über die ich damals noch gelacht habe, erfolgreich sein könnte: dass



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