Psychologisches Tourismusmarketing by Hans-Peter Herrmann

Psychologisches Tourismusmarketing by Hans-Peter Herrmann

Autor:Hans-Peter Herrmann
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783658236809
Herausgeber: Springer Fachmedien Wiesbaden


© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

Hans-Peter HerrmannPsychologisches Tourismusmarketingessentialshttps://doi.org/10.1007/978-3-658-23680-9_7

7. Der Reisepreis

Hans-Peter Herrmann1

(1)Leipzig, Deutschland

Hans-Peter Herrmann

Email: [email protected]

Der Reisepreis ist das wichtigste Auswahl- und Entscheidungskriterium bei Reiseentscheidungen. Neben der monetären Preisfunktion können auch emotionale Gefühle wie Preisfreude, Preisüberraschung oder Preisneid entstehen, die anstehende Reiseentscheidungen beeinflussen. Wie Müller zum Neuropricing bemerkt, arbeitet das Gehirn eines Verkäufers nach denselben Regeln wie jedes andere Gehirn (vgl. Müller 2012, S. 103). Preispsychologische Mechanismen zu kennen, verschafft dem Verkäufer nicht nur Verkaufsvorteile, sondern hilft ihm zugleich, eigene preisbezogene Denkfehler zu vermeiden.

Die Wertigkeit einer Reise wird nicht objektiv, sondern stets durch subjektive Sichtweisen des Einzelnen bestimmt. Diese Subjektivität führt dazu, dass eine völlig identische Reise (hinsichtlich Preis, Leistungen, Reisezeitraum etc.) in ihrer Wertigkeit völlig unterschiedlich beurteilt wird. Ausschlaggebende Variablen für das individuelle unterschiedliche Wertigkeitsempfinden sind beispielsweise Präferenzneigungen, Verfügbarkeit, Entscheidungsinvolviertheit oder monetäre Sichtweise hinsichtlich des persönlichen Nutzens oder aufwandsorientierter Variablen.

Kunden sind darauf bedacht, keine Preisfehler zu begehen. Die Preisaufmerksamkeit ist umso höher, je wertvoller oder preisintensiver der begehrte Gegenstand ist. Von einer gesteigerten Preisaufmerksamkeit ist auszugehen, wenn es für die Reise noch keine persönlichen Preiserfahrungen (z. B. neue Reiseform) gibt, wenn Reiseangebote erheblich vom gewohnten Niveau abweichen, Reisepreise im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen, es sich um einen neuen Anbieter handelt oder widersprüchliche Aussagen wahrgenommen werden.

Das Preisempfinden wird stark von der Preisdarstellung, insbesondere der Preisoptik beeinflusst. Grundpreisdarstellungen ohne Zuschläge und Nebenkosten erscheinen zunächst günstig, wirken sich aber bei der späteren Bewertung des Anbieters hinsichtlich der Preisfairnes negativ aus.

In der Erkundungsphase orientieren sich Kunden stark an individuelle gesetzten Preisschwellen und bilden Preisklassen. Obere Preisschwellen markieren den Höchstbetrag, den Kunden bereit sind, für eine Reise auszugeben. Untere Preisschwellen werden gezogen, um der Gefahr zu entgehen, ein nicht qualitativ zufriedenstellendes Angebot zu erhalten. Preise zwischen der oberen und unteren Preisschwelle sind für Kunden akzeptable Reisepreise. Innerhalb dieses Preisspektrums entstehen Preisbeurteilungskategorien in Form von Preisklassen. Typische Beurteilungskategorien sind „teuer“, „normal“ und „billig“.

Das Reisepreiswissen verkörpert die Preiskenntnis über Reisen oder touristische Leistungen. Der Kaufpreis höherwertiger oder besonderer Produkte, wozu gewöhnlich Reisen gehören, wird kognitiv stärker gewichtet als beispielsweise Alltagsprodukte aus dem Supermarkt. Durch die stärkere Gewichtung sind die Preise längere Zeit im Gedächtnis präsent. Werden später ähnliche Reisen gebucht, so werden diese als Vergleichspreis herangezogen. Eine Durchsetzung höherer Reisepreise ist oft nur möglich, wenn hierfür glaubhafte und nachvollziehbare Gründe genannt werden können.

Der Verkauf von spezifischen touristischen Angeboten wie Bahn- oder Flugtickets über Supermärkte ist deshalb erfolgreich, weil diese Angebote mit wertbasierten Elementen verknüpft werden. Der „Wert“ dieser touristischen Angebote ergibt sich aus ihrer zeitlichen Begrenztheit und damit scheinbar limitierten Verfügbarkeit. Bei anderen Reiseangeboten, welche Supermärkte ebenfalls ihren Kunden unterbreiten, funktioniert dieses Verknappungs- oder Deadline-Prinzip nicht. Auch wenn Reiseangebote nur monatsweise angeboten werden und spätestens nach vier Wochen verschwinden, kommt bei den Kunden kein Verknappungsgefühl auf, weil diese beständig durch neue Reiseangebote ersetzt werden.

Eingeführte Limitierungen im Zuge eines entstandenen „Overtourism“ zeigen die gleiche Wirkung. Zugangsbeschränkungen wie beispielsweise für die Altstadt von Dubrovnik oder für die Inkastadt Machu Picchu helfen zunächst, diese historischen Städte vom Tourismus zu entlasten, bewirken aber gleichzeitig, dass ihr Wertigkeit proportional zur Limitierung steigt.



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