Meerkenntnisse by Gerrit Fischer

Meerkenntnisse by Gerrit Fischer

Autor:Gerrit Fischer
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783735733733
Herausgeber: Books on Demand


Limöne

Wir machten uns auf zu einem Spaziergang entlang des Sees. Zunächst waren die bekannten Zitronenhaine unser Ziel. Lara kaufte den obligatorischen Reiseführer und bei einem Espresso am alten Hafen, dem Porto Vecchio, informierte sie mich: „Limone ist zwar bekannt für seine Zitronen, aber daher kommt der Name der Stadt gar nicht. Der leitet sich von Limes ab. Das heißt Grenze und hier verlief die Grenze der Republik Venedig. Aber seit Jahrhunderten baut man auf den Hängen oberhalb von Limone auch Zitronen an. Dazu hatte man Terrassen gebaut und mit fruchtbarem Boden vom Südufer des Sees aufgefüllt. Steinmauern wurden errichtet, weil es trotz des milden Klimas auch einen kalten Nord-Ostwind geben kann. Und durch die Mauern konnte man die Terrassen abdecken und damit die Pflanzen vor allem im Winter schützen. Hey, hier steht, man kann den Zitronengarten Limonaia del Castél besichtigen.“

Das taten wir dann auch und ließen uns zeigen, wie früher Zitronen gezüchtet und angebaut wurden. Die alte, kürzlich restaurierte Plantage, versorgte uns mit allerhand Informationen über die gelbe Zitrusfrucht. Wir erfuhren, dass Limone der nördlichste Ort auf der Welt war, an dem Zitronen angebaut wurden. Und dass kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe viel zur Popularität Limones beigetragen hat, als er auf seiner italienischen Reise 1786 ausführlich seine Schwärmerei für die Zitronengärten von Limone in seinen Aufzeichnungen festgehalten hat.

Am Nachmittag erkundeten wir das Ufer in der anderen Richtung. Hinter dem Parkplatz begann ein schöner Kiesstrand. Nachdem wir eine Weile gegangen waren, fielen uns sofort die Möwen auf, die sich an einer Stelle des Ufers versammelt hatten. Als wir näher kamen, flogen sie davon. Bis auf eine, die scheinbar krank war und aufgeplustert sitzen blieb.

„Tim, schau mal, die ist ja soo süß. Oh je, die ist bestimmt krank.“ Lara war wie immer unheimlich mitfühlend mit Tieren. Sie liebte Tiere und dafür liebte ich sie. Wir gingen langsam auf die Möwe zu und sie schaute uns mit ihren wachen Augen ängstlich an. Wir gingen in die Hocke und Lara sprach mit ruhiger Stimme zu ihr. „Die spricht nur möwisch“, witzelte ich und Lara sah mich böse an. „Sie ist krank. Ich weiß nicht, was daran so witzig ist.“

Der ängstliche Blick der Möwe ließ aber auch mich nicht kalt. Natürlich war sie süß und selbstverständlich tat sie mir leid. Und doch musste ich erst einmal tief durchatmen, als Lara sagte: „Wir müssen etwas tun, Tim!“

Mein Job war es, zurück zu laufen und in einem Geschäft an der Promenade einen Karton zu besorgen. Außerdem sollte ich herausfinden, wo es in Limone einen Tierarzt gab. Lara kümmerte sich derweil um die Möwe und passte auf sie auf.

Eine Stunde später saßen wir mit Siggi im Wartezimmer einer Tierärztin. So hatte Lara die Möwe getauft. „Auf Englisch heißt Möwe Seagull, also nenne ich sie Siggi. Das kann männlich oder weiblich sein, denn wir wissen ja nicht, ob Siggi ein Mann oder eine Frau ist“, erklärte mir Lara auf dem Weg zum Arzt ihre Entscheidung. Ich wusste nicht, warum Siggi überhaupt einen Namen brauchte. Denn ich ging



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