Liebespraxis by Ann-Marlene Henning

Liebespraxis by Ann-Marlene Henning

Autor:Ann-Marlene Henning [Henning, Ann-Marlene]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644052116
Herausgeber: Rowohlt E-Book


Ein enger Tunnel – eine offene Höhle

Das Geschlechtsorgan ist wie eine archaische Quelle für das Mann- oder Frausein. Wie wichtig es für eine gute Sexualität sein kann, sein Geschlecht zu kennen und zu mögen, wollen viele Frauen nicht so recht glauben und erklären, sie fühlen sich weiblich durch ihre Brüste oder ihre langen Haare. Ja, das gehört dazu, ist aber nicht alles. Wenn ich sie dann mit den Männern vergleiche, fällt der Groschen: «Haben Sie mal mit einem Mann Sex gehabt, der seinen Penis nicht so richtig kennt oder mag?» Sollte das nicht reichen, lege ich nach: «Haben Sie mal mit einem Mann Sex gehabt, der seinen Penis eklig findet?» Spätestens dann willigen Frauen ein, sich mit ihrem Geschlecht zu beschäftigen.

Das Geschlecht – und ihre Körperlichkeit als solche – bekommt bei Frauen mit Vaginismus besondere Wichtigkeit. So haben sie häufig falsche Vorstellungen der Größenverhältnisse: Jeder Penis ist in ihren Gedanken riesig, jede Vagina klein und eng. Kein Wunder, dass sie den Gedanken an Penetration mit Sorge und Angst verbinden.

Bei der Behandlung von Vaginismus geht es also unter anderem darum, anatomische Tatsachen zurechtzurücken. Hierzu gehört, eine Klientin darauf aufmerksam zu machen, wie dehnbar die Scheide ist: Da passt sogar ein Kind durch. Oder ich lasse die Vulva, also das äußere Geschlecht, von den Frauen zeichnen und spreche anschließend mit ihnen darüber, bevor wir uns – vorerst gedanklich – nach innen bewegen.

«Wie sieht es in Ihrer Vagina aus, wie sehen Sie sie?», fragte ich auch Katharina.

«Es ist wie ein enger Tunnel!»

Eine für Vaginismus typische Antwort.

Viele andere Frauen haben eine Vorstellung davon, dass ihre Vagina eine Höhle ist, weit und offen. Bei diesen Klientinnen halte ich einen Finger in die Luft und frage: «Spürt man da was, in einer Höhle?» Ich will erfahren, wie viel Lustgefühl möglich ist, wenn die Umgebung ein Hohlraum ist und kein Gewebe. Meist kommt keine Antwort, und ich sage dann: «Es ist ein luftiges Gefühl! Oder? Wie eine Leere?»

Sexologen sprechen in diesem Fall von einer «nicht bewohnten» Vagina. Die Vorstellungen der Klientinnen verändern sich erst nach und nach, wenn sie mehr wissen: Eine Scheide ist bildlich eher wie ein flacher Handschuh: Der Eingang ist «weich verschlossen». Sie besteht aus Gewebe, durch das der Finger oder der Penis eindringen kann. Ein Penis öffnet – im Normalfall – beim Hineingleiten problemlos die Vagina.



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