Liebe unplugged (German Edition) by Sara Belin

Liebe unplugged (German Edition) by Sara Belin

Autor:Sara Belin [Belin, Sara]
Die sprache: deu
Format: azw3, epub
veröffentlicht: 2014-08-13T22:00:00+00:00


Myles

Es ist halb eins am Mittag, als wir in Berlin landen. Ausnahmsweise sind wir in Köln schneller fertig geworden als geplant. Der Regisseur hat heute auf weitere Aufnahmen verzichtet, weil wir gestern so viel Filmmaterial geliefert haben. Wie soll ich jetzt den halb angefangenen Tag verbringen? Noemi ist noch bei ihren Eltern und ich habe keinen Bock, weiter mit den Jungs abzuhängen. Die sind alle irgendwie schweigsam und scheinen auch keine Lust zu haben.

Am besten fahre ich gleich zu meinen Eltern und hole Luna ab. Oder bleibe einfach bis zu Abends noch dort. Ich habe mir schon lange nicht mehr den halben Tag für sie frei genommen. Vorsichtshalber rufe ich erstmal an, aber wie erwartet sind sie zu Hause. Mein Vater verlässt ungern die Wohnung seit er Schwierigkeiten mit dem Laufen hat. Er will auch nicht, dass Mama ihn die ganze Zeit im Rollstuhl rumchauffiert. Diese verfluchte Krankheit! Als ich das erste Mal die offizielle Diagnose gehört habe, dachte ich, es handelt sich um eine Art harmlose Artritis oder etwas Ähnliches. ALS. Amyotrophe Lateralsklerose. Erst als ich Zuhause danach gegoogelt habe, kam die schockierende Erkenntnis, dass mein Vater unheilbar krank ist und wahrscheinlich innerhalb der nächsten fünf Jahre sterben wird. Die Diagnose kam nur einige Tage nachdem ich den Vertrag mit Black Sunday Desire unterschrieben habe. Wenn ich es vorher gewusst hätte, hätte ich vielleicht gezögert. Meine Eltern werden mich in Zukunft mehr brauchen denn je. Ich fühlte mich wie ein Arsch, weil ich meiner Karriere zuliebe meine Mutter im Stich lassen werde. Die Beiden sehen das natürlich anders. Sie freuen sich tierisch für mich, was mein schlechtes Gewissen nur noch erschwert. Sie haben mir von Anfang an versichert, sie würden schon ohne mich klar kommen und ich soll mich ruhig auf meine Karriere konzentrieren und mein eigenes Leben leben. Ist doch klar. Alle Eltern wollen in erster Linie, dass ihre Kinder glücklich sind. Doch wie soll ich unbeschwert meine aufregende und ach so viel versprechende berufliche Zukunft genießen, wenn ich weiß, dass mein Vater mit einer Scheißkrankheit kämpft und meine Mutter sich für ihn aufopfern wird? Die haben es schon schwer genug in ihrem Leben gehabt. Wieso müssen gerade sie jetzt auch noch so einen verfluchten Schicksalsschlag erleiden?

„Arschloch! Pass doch auf!“, schreie ich laut auf, als der Fordfahrer vor mir plötzlich bremst und ich es gerade noch schaffe, auf die Bremse zu drücken. Ich fluche weiter, um mich abzureagieren und merke, wie dieser hilflose Zorn in mir hochsteigt, wie immer, wenn ich an Vaters Krankheit denke. Ich habe dagegen angekämpft und war nicht bereit zu akzeptieren, dass die Scheißärzte sie nicht heilen können. Er ist erst siebenundfünfzig und war immer ein vitaler, sportlicher Typ, der jeden Tag joggte und im Sommer auf dem Windsurfbrett stand. Meine Mutter hat sich viel schneller damit abgefunden und haderte mit dem Schicksal nicht so sehr, wie ich. Sie ist eine bemerkenswerte Frau und ich bewundere sie immer wieder um ihre Stärke und ihren Mut. Damals, vor elf Jahren, war sie diejenige, die meinem Vater und mir Trost spendete, obwohl sie selbst vor Schmerz kaum noch atmen konnte.



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