Kiss Online by Kiara London

Autor:Kiara London [London, Kiara]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Humorvolle Herzschmerz-Geschichte, Video-Blog, Wattpad, Kiss Cam, Schmetterlinge im Bauch, romantisches Jugendbuch, Youtube
Herausgeber: Ravensburger Buchverlag
veröffentlicht: 2016-12-06T23:00:00+00:00

FÜNFZEHN

Das Gespräch mit meinem Vater hat mir zu denken gegeben, aber unser laufendes Kissmas-Projekt macht es schwierig, eine Entscheidung zu treffen. Nachdem ich das Problem eine Weile hin und her gewälzt habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass mein Vater recht hat. Ich weiß, dass ich genug Zeit hatte, über Kiss Cam nachzudenken, bevor wir damit angefangen haben. Und ich weiß auch, dass eigentlich alles glattlaufen müsste, solange keine Gefühle im Spiel sind, aber trotzdem kann ich nicht abstreiten, dass mein Vater einen wunden Punkt getroffen hat. Die ganze Sache ist moralisch einfach nicht okay. Wie kann ich Jasper küssen und dann kurz darauf – sagen wir mal – mit dem gut aussehenden Typen flirten, der in Mathe hinter mir sitzt? Was sagt das über mich aus? Und was über Jasper?

Ein Teil von mir möchte so locker sein wie er und sich nicht darum kümmern, was angeblich »normal« und »unnormal« ist. Sich einfach mal keine Gedanken machen. Aber einer von uns muss schließlich die Verantwortung übernehmen – und da ich weiß, dass er das niemals tun wird, bleibt es an mir hängen. Ich muss diejenige sein, die diese Sache beendet. Wir sind zu weit gegangen.

Obwohl ich weiß, dass meine Entscheidung richtig ist, fällt sie mir schwer. Wie wird Jasper reagieren, wenn ich ihm sage, dass ich das nicht länger durchziehen kann? Wird er es respektieren? Oder wird er versuchen, mich davon zu überzeugen, dass Kiss Cam unbedingt weiterlaufen muss? Ich weiß, dass er diesen Teil unseres Vlogs auf keinen Fall aufgeben will. Er ist immer ganz aufgedreht, wenn er eine E-Mail zu Kiss Cam bekommt, einen Kommentar zu Jasiper liest oder eine unserer Kissmas-Episoden filmt. Für ihn ist das nur eine witzige Challenge. Ein Spiel. Er wird es nicht verstehen.

Immer, wenn ich an all die Konflikte denke, die entstehen könnten, wenn ich Kiss Cam hinschmeiße, werde ich nervös. Und immer, wenn Jasper mich während der nächsten drei Tage küsst, fühle ich mich noch mieser, weil er nicht weiß, dass es vermutlich eines der letzten Male ist.

Aber wir hatten es von Anfang an so ausgemacht. Sobald ich »Stopp« sage, ist Schluss.

Wenn ich an einem Weihnachtsmorgen aufwache, spüre ich immer noch dasselbe warme Gefühl wie früher, als ich klein war. Der einzige Unterschied ist, dass ich nicht mehr um sieben hellwach aufs Bett meiner Eltern springe, sondern mich erst um zehn aus den Federn quäle und an die Tür des Elternschlafzimmers klopfe, bevor ich ins Badezimmer schlurfe und versuche, mich in einen einigermaßen vorzeigbaren Zustand zu versetzen. Wer Eltern hat wie meine, weiß, wie wichtig es ist, halbwegs präsentabel auszusehen, bevor es ans Auspacken der Geschenke geht. Denn sie haben unter Garantie einen Fotoapparat im Anschlag. Selbst wenn es nur ein Paar Socken ist, das man auspackt – was in zwanzig Jahren wirklich niemanden mehr interessiert –, wird sofort ein Foto geschossen. Den »Erinnerungen« zuliebe muss ich die ganze Prozedur über mich ergehen lassen und mein bestes Festtagslächeln aufsetzen.

Meine Eltern sind schon vor mir unten und meine Mum legt sofort los und schaltet die gesamte Weihnachtsbeleuchtung ein.

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