Kiss and keep 02 - Ewig in meinem Herzen by Rachel van Dyken

Autor:Rachel van Dyken [Dyken, Rachel van]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426516607
Google: 9k0vjwEACAAJ
Herausgeber: Droemer Knaur
veröffentlicht: 2016-09-01T17:38:23.764000+00:00

Kapitel 26

Das Leben besteht aus zwei Polen. Geburt und Tod. Das ist alles. Was man dazwischen macht? Tja, das liegt an einem selbst, nicht wahr?

Wes M.

Saylor

Gabe rührte sich kein bisschen hinter mir. Dass er noch da war, wusste ich nur, weil seine Wärme dort, wo er mich berührte, in meinen Rücken sickerte. Noch mehr Wärme ging von seinen Händen aus, wo sie mit meinen verschmolzen zu sein schienen. Ich rechnete jeden Augenblick damit, dass er zurückweichen und Maske Nummer eins oder auch Nummer zwei aufsetzen würde. Doch stattdessen nahm er meine Hände, drehte sie um und atmete langsam aus. Die Sekunden verstrichen, aber es hätten auch Jahre sein können. Jedes Mal, wenn er ausatmete, setzte mein Herz einen sehnsüchtigen Schlag lang aus und wollte mehr von seiner Berührung – mehr irgendwas. Mein Rücken kribbelte, als sich seine harten Bauchmuskeln an mich drückten. Ich befand mich in einem Gabe-Kokon.

Und es gefiel mir.

Bis die Musik begann.

Mit leichtem Druck führte Gabe meine Hände ans Klavier und plazierte sie langsam und mühelos auf den Tasten.

Er spielte durch mich, nahm meinen Körper als Instrument zu Hilfe, um die Geschichte seines Lebens zu übermitteln. Jedes Mal, wenn er auf eine meiner Fingerspitzen drückte oder meine Finger über die Tasten führte, fühlte ich, wie die Traurigkeit des Liedes tiefer wurde. Die Töne wurden zu fließenden Ranken aus Schmerz, und jede von ihnen drang langsam durch mich hindurch und setzte sich in mir fest, bis bereits das Atmen weh tat.

Er spielte immer schneller, und meine Hände konnten nicht mehr mithalten. Ich zog sie zurück, während er weiterspielte, so rasant, als würde er herumbrüllen, aber eben mit Musik. Als könne er es nicht anders mitteilen.

In einer letzten Bewegung hob er die Hände und ließ sie auf die Tasten krachen, so dass ein Chaos aus Tönen durch die Luft schallte.

Gabe atmete unregelmäßig und laut, als er sich schwer an mich lehnte; sein Kinn ruhte auf meinem Kopf, und er flüsterte abgehackt: »Ich kann nicht.«

»Du warst doch sehr gut.«

»Es ist, als würde man mit Selbstmordgedanken in ein Auto steigen. Man fährt immer schneller, man braucht das Adrenalin, um am Leben zu bleiben, bis man plötzlich das Steuer herumreißt und alles schwarz wird. Die Melodie wird immer höher, und genau in dem Augenblick, wenn ich glaube, ich könnte das Ergebnis ändern – kommt die Panik. Manche Dinge« – er seufzte und löste sich von mir –, »manche Dinge sollten besser im Chaos bleiben.«

»Bist du dir da sicher? Bist du sicher, was Perfektion angeht?« Ich faltete die Hände im Schoß, drehte mich aber nicht um.

»Klar.« Er setzte sich neben mich auf die Bank. »Wenn das Leben perfekt wäre, wie, in aller Welt, sollten wir dann jemals lernen, uns auf jemand anderen als uns selbst zu verlassen? Wenn das Leben mir irgendetwas beigebracht hat, dann das. Das Bedürfnis, perfekt zu sein, kommt aus dem tiefen Glauben, dass es tatsächlich etwas ist, was wir erreichen können. Selbstverwirklichung – gibt es nicht.«

Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und schaute auf die Tasten. »Heißt das, dann versuchen wir das gar nicht erst?«

»Nein.

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