Hitlers Rache | Das Stauffenberg-Attentat und seine Folgen für die Familien der Verschwörer by Hase Friedrich-Wilhelm von (Hrsg.)

Hitlers Rache | Das Stauffenberg-Attentat und seine Folgen für die Familien der Verschwörer by Hase Friedrich-Wilhelm von (Hrsg.)

Autor:Hase, Friedrich-Wilhelm von (Hrsg.) [Hase, Friedrich-Wilhelm von (Hrsg.)]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Attentat, Erlebnisberichte, Sippenhaft, Stauffenberg, Weltkrieg, Widerstand, eBook
ISBN: 9783775155373
Herausgeber: SCM Hänssler
veröffentlicht: 2015-05-04T16:00:00+00:00


2.3 Christlicher Glaube und militärischer Widerstand gegen Hitler – Hans-Joachim Ramm

Unmittelbar nach dem Scheitern des Staatsstreichversuches setzte eine Verhaftungswelle ein, die nicht nur den relativ engen Kreis der am Attentat Beteiligten und deren Familienmitglieder, sondern darüber hinaus fast alle ihre Kontaktpersonen und Gesprächspartner erfassen sollte.220

Schon während der ersten Vernehmungen der Festgenommenen wurde durch die Verfolgungsbehörden, in der Regel das RSHA, eine enge Bindung der Beschuldigten an den christlichen Glauben in den sogenannten »Kaltenbrunner-Berichten« dokumentiert, den im Wesentlichen von Walter von Kielpinski zusammengefassten Vernehmungsprotokollen der am Umsturzversuch Beteiligten.221 Diese Berichte wurden von SS-Obergruppenführer Ernst Kaltenbrunner unmittelbar nach ihrer Abfassung an den Leiter der Parteikanzlei der NSDAP und »Sekretär des Führers« Martin Bormann, den Empfänger der Berichte, übermittelt. So widmete sich die Gestapo in der Folgezeit der kirchlich-konfessionellen Bindung der Oppositionellen einmal im Rahmen der Motivsuche, dann auch um sie wegen ihrer Religiosität zu diffamieren, besondere Aufmerksamkeit. Dabei kommen die Vernehmer immer wieder zur Erkenntnis, dass »für eine große Zahl von Personen innerhalb des Gesamtkreises der Verschwörung … die konfessionelle Bindung für ihre Einstellung zum Nationalsozialismus bestimmend gewesen« ist.222 Neben allen auch von den Oppositionellen vorgetragenen politischen und militärpolitischen Argumenten223 stellt somit die Frage nach dem Widerstand gegen eine Obrigkeit, insbesondere auch gegen den Nationalsozialismus, der sich letztlich auch als eine Heilsbewegung verstand, eine religiöse Dimension dar.224

In erster Linie ist dabei nicht so sehr auf eine kirchliche Bindung, sondern eine ganz persönliche Frömmigkeit zu verweisen, zumal die (Amts-) Kirchen durch ihr vom Zeitgeist bestimmtes theologisches Selbstverständnis und kirchenpolitisches Taktieren trotz Kenntnis der Untaten des Regimes nicht den Übergang vom kirchenpolitischen zum aktiven politischen Widerstand geschafft haben. Letzteres trifft auch, von wenigen Persönlichkeiten abgesehen, für die Bekennende Kirche zu. Hinweise auf den individuellen Glauben finden wir etwa in privaten Briefnachlässen, so in einigen Abschiedsbriefen – soweit sie verfasst und Angehörige sie erhalten haben225 – und in Erinnerungen von Zeitzeugen, wie sie uns durch verschiedene Biografien überliefert worden sind.226

Dennoch haben Persönlichkeiten der Amtskirche durch ihr Verhalten und ihre zustimmende Unterstützung »die Kräfte des aktiven Widerstands mit einem harten Kern und einer schärferen Schneide versehen als irgendeine äußere Revolte es hätte tun können.«227 In diesem Zusammenhang können wir auf die Begegnungen etwa des Kreisauer Kreises zu römisch-katholischen Bischöfen wie Konrad von Preysing (Berlin) und Conrad Gröber (Freiburg) sowie dem evangelischen Bischof Theophil Wurm hinweisen, die mit Helmuth James von Moltke im intensiven Kontakt standen und u. a. wegen einer öffentlichen Unterstützung eines Umsturzes via Rundfunk angesprochen wurden.228 Über Eugen Gerstenmaier, der sich am 20. Juli 1944 ebenfalls in der Bendlerstraße aufhielt, bestand eine enge Verbindung des militärischen Widerstandskreises zu Bischof Wurm; Claus von Stauffenberg, der bei der Suche nach (katholischen) Mitstreitern u. a. die Frage, ob eine Tötung Hitlers mit dem christlichen Glauben vereinbar sei, mit Verweis auf die Thyrannenlehre des Thomas von Aquin und auch auf Luther beantwortet hat,229 hatte persönliche Kontakte zum Erzbischof Konrad von Preysing.230 Stauffenbergs christliche Glaubenshaltung findet nicht nur ihren Ausdruck im Tragen einer Kette mit einem Kreuz, sondern auch darin, dass er sich am Abend vor dem Attentatsversuch zur inneren Einkehr für längere Zeit in einer Kirche in Steglitz aufgehalten hatte.



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