Hey Love 01: Du mich auch by Levin Gabriel

Hey Love 01: Du mich auch by Levin Gabriel

Autor:Levin Gabriel
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gmünder
veröffentlicht: 2017-11-15T00:00:00+00:00


6

ZU DRITT

Wie etwas, das als Offenbarung gedacht war,

zum größten Missverständnis der Welt wird

und ein schwereloser Tanz als Albtraum endet

Vor Jay lag ein nagelneues Smartphone auf dem Tisch.

'Was soll das?', frage er.

'Es gehört dir', antwortete Mr_Hecht. 'Ich dachte, du kannst es gebrauchen. Oder wolltest du dich bis ans Ende aller Tage an dem alten Ding mit dem gesprungenen Bildschirm festhalten?'

'Aber warum …?'

'Komm schon, Jay, nimm es einfach. Es ist eine Wiedergutmachung. Es tut mir leid, was neulich passiert ist. Ich hätte nicht auf diesen dummen Dreier drängen sollen.'

'Aber es war nicht Ihre Schuld, wirklich. Ich hätte es besser wissen müssen.'

'Mag sein. Aber ich habe gemerkt, dass dich der Vorfall ziemlich aus der Bahn geworfen hat, und das tut mir leid. Wäre ich nicht gewesen, wäre das vielleicht nie passiert.'

Jay dachte nach. War es wirklich so? War es Mr_Hecht, der ihn durch das wiederholte Äußern seines Interesses, es mal zu dritt zu machen, zu der idiotischen Dreier-Aktion angestiftet hatte? Oder hätte Jay sie so oder so irgendwann in die Wege geleitet, um Licht in jenen Teil der Beziehung zu Seb zu bringen, der sich im Nachhinein als fatales Missverständnis herausgestellt hatte? Er wusste es nicht. Also machte er es mit dem Smartphone genauso, wie er es sonst mit dem Geld machte. Er nahm es einfach. Auch wenn er sich nicht sicher war, ob er es wirklich verdient hatte und ob er es überhaupt haben wollte. Seitdem zwischen ihm und Seb Funkstille herrschte, war das kaputte Handy-Display für ihn gleichermaßen zum Mahnmal und zum Souvenir glücklicher Tage geworden. Jedes Mal, das er draufsah, erinnerte ihn an seine erste Nacht mit Seb. Und an die letzte. Dazwischen lag die vage Hoffnung, dass zwischen den schimmernden Rissen im Glas irgendwann doch noch die Nachricht aufleuchten würde, die eine Versöhnung einläutete.

Die Aktion bei Mr_Hecht war aus einem Konflikt erwachsen, der Jays und Sebs Beziehung bei aller Innigkeit von Anfang an beeinträchtigt hatte. Dieser Konflikt hatte seinen Ursprung an dem Punkt, wo die Besonderheit ihres Verhältnisses – der freiheitliche Umgang miteinander – an Grenzen stieß. Jay hatte Seb gleich in der ersten Nacht von seiner Escort-Tätigkeit erzählt. Der Zwiespalt der fließenden Grenzen zwischen Privatheit und Geschäft war ein Thema gewesen, für das Seb sich nicht nur interessierte, er schien es auf seine eigene Weise auch gut nachvollziehen zu können. Jay hatte mit der Zeit begriffen, dass diese Empathie mit Zweifeln zu tun hatte, die wiederum er gut nachvollziehen konnte: In den Wochen, bevor sie sich kennengelernt hatten, hatte Seb nichts anbrennen lassen und offenbar mit vielen verschiedenen Männern Sex gehabt. Er sprach nie konkret darüber wie viele, aber zwischen den Zeilen konnte Jay herauslesen, dass es mindestens ein paar Dutzend gewesen sein mussten. Seb schämte sich nicht dafür. Im Gegenteil. Insgeheim schien er ein bisschen stolz darauf zu sein, dass er sich die Freiheit nahm, seiner Lust Raum zu geben, ohne sich dafür ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen. Die Sache hatte nur den Haken, dass er infolgedessen nicht nur seiner eigenen Fähigkeit, sich hingebungsvoll verlieben zu können, sondern auch der Frage, ob eine solche Liebe überhaupt möglich war, misstraute.



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