Haut an Haut (German Edition) by Megan Clark

Haut an Haut (German Edition) by Megan Clark

Autor:Megan Clark
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783955305734
Herausgeber: Edel:eBooks
veröffentlicht: 2014-09-18T22:00:00+00:00


* * *

Ich rief vom Altitude 95 aus Mutter an. Das war das Restaurant im ersten Stock des Eiffelturms, benannt nach seiner Lage auf 95 Metern über dem Meeresspiegel. Ich hatte mich nicht überwinden können, noch höher hinaufzusteigen.

Es tutete lange, bis die Verbindung plötzlich unterbrochen wurde. Als ich aufsah, hatte Natasha den Finger auf die Gabel des Telefons gelegt.

»Hey, was soll denn das?«

»Das kann doch nicht dein Ernst sein«, sagte sie. »Du bist auf dem Eiffelturm und willst deine Mutter anrufen? Nur über meine Leiche. Wenn du es nicht ohne sie schaffst, zählt es nicht. Komm, trink einfach was.«

Ich legte auf. Gut möglich, dass mich der Klang von Mutters Stimme tatsächlich davon abbringen würde, bis ganz nach oben zu steigen.

Durch die großen Panoramafenster hatte man einen guten Blick auf die Seine und den Trocadero. Sogar das Innere des Turms konnte man sehen. Wir gingen zur Bar, die vor Chrom und Spiegeln nur so blitzte. Doch im Spiegel sah ich nicht mich, sondern einen Mann. Überrascht drehte ich mich um und entdeckte einen Maler, der an einem Seil hing – an einem der Pfeiler. Von seinem Gürtel baumelten Werkzeuge und ein Eimer. Mein Magen drehte sich bei der Vorstellung, so weit oben über der Stadt zu hängen, vollkommen ungeschützt, nur durch ein Seil gesichert. Der Maler verpasste dem Wahrzeichen von Paris gerade einen neuen Anstrich und war über und über mit der für den Eiffelturm typischen rotbraunen Farbe bekleckert.

»Jetzt bist du schön so weit gekommen«, sagte Natasha und legte mir die Hand auf die Schulter. »Da schaffst du den Rest auch noch.«

Nach drei Gläsern Sekt fuhren wir mit dem Lift zur obersten Plattform.

Natasha zündete zwei Zigaretten an und gab mir eine.

Von hier oben wirkte Paris ruhig und friedlich. Die Menschen auf der Straße sahen wie schwarze Tintenkleckse aus. Ich fühlte mich euphorisch, als hätte ich den Gipfel eines hohen Berges erklommen. Mein Kopf fühlte sich seltsam leicht und beschwingt an.

»Am liebsten würde ich noch höher hinaufklettern«, sagte ich.

Unter uns schien der Rest der Welt immer tiefer zu versinken.

»Ein junger Kerl hat es versucht«, sagte Natasha, schloss die Augen und nahm einen tiefen Zug aus der Zigarette. »Die ganzen zwei Jahre hatte er auf der Baustelle gearbeitet. Als der Turm fertig war, sprang er über die Brüstung – seine Freundin stand unten und sah zu. Habe ich vorhin gelesen. Man rätselt immer noch, was für einen Grund er gehabt haben mochte.«

»Ich glaube, Selbstmord ist ein Akt der Freiheit«, sagte ich und blickte durch die Sicherheitsgitter auf die Stadt unter mir. Ich spürte den Alkohol. Außerdem hatte ich vergessen, dass wir mittags schon Wein getrunken hatten. Zusammen mit dem Sekt ergab das einen ordentlichen Schwips. »Wir kontrollieren unser Vergnügen, warum sollten wir dann nicht auch unseren Schmerz kontrollieren?«

Natasha schnippte ihre Zigarette über die Brüstung und während sie noch den Rauch ausstieß, lehnte sie sich an mich.

Ich erwiderte ihren Kuss mit leicht geöffnetem Mund. Sie presste die vollen Lippen auf die meinen, drängend wie ein »Ja«, und ich kostete ihre Zunge. Dies war mein



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