Geschichte Ägyptens: Von der Spätantike bis zur Gegenwart (B00NPEPVB6) by Johanna Pink

Geschichte Ägyptens: Von der Spätantike bis zur Gegenwart (B00NPEPVB6) by Johanna Pink

Autor:Johanna Pink [Pink, Johanna]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406667145
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2014-09-15T04:00:00+00:00


4. Schnittstellen des Handels: Qūs und Alexandria

Von Beginn der islamischen Herrschaft über Ägypten war Fustāt-Kairo das unumstrittene Zentrum von Macht und Kultur; alle anderen Städte des Landes fielen weit hinter Kairo zurück. Dennoch brachten einige von ihnen es periodisch zu beträchtlichem Einfluss und Wohlstand. Die Geschichte solcher Städte ist auch ein Spiegel der gesamtägyptischen Geschichte, veranschaulicht sie doch die Entwicklung von Handelsrouten und Wirtschaftsleben sowie die sich wandelnde Bedeutung einzelner Regionen. Qūs, zur späten Fatimidenzeit eine blühende Handelsmetropole und ein wichtiges politisches Zentrum, ist heute eine unbedeutende Provinzstadt. Alexandria, die antike Hauptstadt, hingegen erlebte im 19. Jahrhundert nach einem jahrhundertelangen Niedergang einen kometenhaften Aufstieg als Sitz einer kosmopolitischen levantinischen Bourgeoisie.

Die oberägyptische Stadt Qūs liegt an der Biegung des Nils, die dem Roten Meer am nächsten kommt. Diese Lage, nur ungefähr 200 Kilometer von dem Rotmeerhafen Qusair entfernt, prädestinierte sie für den Karawanenhandel zwischen Rotem Meer und Nil. In ptolemäischer und römischer Zeit scheint Qūs unter dem Namen Apollinopolis Parva in dieser Hinsicht bereits eine gewisse Rolle gespielt zu haben, verlor dann aber an Bedeutung, als die Aktivitäten räuberischer Nomaden in der Arabischen Wüste den Handel zum Erliegen brachten. Im 9. und 10. Jahrhundert übernahm die nunmehr christlich dominierte Stadt eine führende Rolle im Handel mit Nubien. Die Wiederaufnahme des Handels mit dem Indischen Ozean durch die Fatimiden hingegen kam zunächst vor allem Assuan zugute, das dem Rotmeerhafen ʿAidhāb am nächsten lag. 1067, während der Unruhen, die fast das Ende des Fatimidenreichs bedeutet hätten, wurde Assuan allerdings zum Zufluchtsort afrikanischer Truppen, und im südlichsten Teil Oberägyptens brach Chaos aus. Der Rotmeerhandel verlagerte sich in das sicherere Qūs.

In der Folge wurde Qūs zur Provinzhauptstadt des südlichen Oberägypten, was zur Zunahme der muslimischen Bevölkerung und zum Ausbau ihrer religiösen Infrastruktur führte. Auch eine jüdische Gemeinde, die im Handel engagiert war, gab es in Qūs. Mit dem Beginn der Kreuzzüge wurde Qūs zu einer Station der Pilgerroute, die nun nicht mehr auf dem Landweg über Palästina, sondern über Qūs, ʿAidhāb und das Rote Meer führte. Die Pilger statteten sich in Qūs mit Reittieren und Proviant für den Weg durch die Wüste aus, was der Stadt eine weitere große Einnahmequelle verschaffte. Der Gouverneur von Qūs avancierte zum wichtigsten Mann nach dem Wesir; der Posten galt als Sprungbrett zur Macht. Die Stadt Qūs mit ihren Gouverneuren war entscheidend an den politischen Intrigen und Konflikten der späten Fatimidenzeit beteiligt.

Der Sturz der Fatimiden brachte einige Unruhen mit sich. Politisch verlor Qūs an Bedeutung, was unter anderem daran lag, dass es infolge der Wiedereingliederung Syriens an die Peripherie des Reiches rückte. Zudem widersetzten sich die schiitischen Muslime der Region recht hartnäckig der Sunnifizierung. Dennoch setzte sich der sunnitische Islam im 13. Jahrhundert durch. Zahlreiche Madrasen und Moscheen zogen bildungswillige Muslime aus dem Umland in die Stadt, die nun endgültig von Muslimen dominiert wurde. Die christliche Altstadt, in deren Zentrum ein ehemaliger altägyptischer Tempel lag, blieb allerdings unangetastet. Wirtschaftlich wuchs Qūs unter den Ayyubiden und Bahrī-Mamluken weiter, vor allem durch den Gewürzhandel mit Indien. Infolge des wachsenden Reichtums der Stadt entwickelte sich auch das Umland.



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