Gesammelte Werke 2 by Strugatzki Arkadi; Strugatzki Boris

Autor:Strugatzki, Arkadi; Strugatzki, Boris [Strugatzki, Arkadi; Strugatzki, Boris]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-05-30T16:00:00+00:00

4

Als die Sonne abgeschaltet wurde, waren alle schon ziemlich betrunken. In der schlagartig eingetretenen Dunkelheit wand sich Andrej hinter dem Tisch hervor, stieß mit den Füßen an die Töpfe, die auf dem Boden standen, und erreichte den Lichtschalter.

»Keine Bange, liebes Fräulein«, tönte Fritz hinter seinem Rücken. »Hier ist immer …«

»Es werde Licht!«, verkündete Andrej und gab sich Mühe, die Worte deutlich auszusprechen.

An der Decke leuchtete jetzt eine verstaubte Lampe auf, die ein ebenso schwaches Licht verbreitete wie die im Hausflur. Andrej drehte sich um und betrachtete seine Gäste.

Alles stand zum Besten: An der Stirnseite des Tisches thronte Juri Konstantinowitsch Dawydow; leicht schwankend saß er auf einem Küchenhocker. Vor einer halben Stunde war er für Andrej zu seinem »Onkel Jura« geworden. Zwischen den fest zusammengepressten Lippen Dawydows qualmte eine lange, selbstgedrehte Zigarette. In der rechten Hand hielt er ein geschliffenes Glas mit erstklassigem Schnaps, und mit dem schwieligen Zeigefinger der linken Hand fuchtelte er Isja Katzman vor der Nase herum. Katzman, der links neben Dawydow saß, hatte schon Jackett und Krawatte abgelegt; an seinem Kinn und auf seinem Hemd waren mehrere Soßenflecke zu sehen.

Rechts neben Onkel Jura saß der bescheidene Wang – vor ihm stand der kleinste Teller, darauf lag die kleinste Portion Fleisch und daneben die Gabel mit den meisten Schrammen. Für den Schnaps hatte sich Wang das Glas mit dem abgeplatzten Rand genommen. Sein Kopf war zwischen die Schultern gesunken, das Gesicht mit den geschlossenen Augen zur Decke gerichtet. Wang lächelte selig: Er genoss die Ruhe.

Kenshis Augen hingegen schauten flink umher, seine Wangen waren gerötet. Genüsslich kaute er sein Sauerkraut und redete auf Otto ein, der gegen große Müdigkeit ankämpfte und immer, wenn er sie wieder überwunden hatte, laut ausrief: »Ja! Natürlich! Ja! O ja!«

Selma Nagel, das schwedische Flittchen, war zur Schönheit erblüht. Sie saß im Sessel und hatte ihre Beine über die weiche Armlehne gelegt. Und diese wunderschönen hellen Beine befanden sich genau auf Brusthöhe des schneidigen Unteroffiziers Fritz – und so loderten seine Augen, und sein Gesicht war vor Erregung übersät mit roten Flecken. Er beugte sich mit seinem vollen Glas zu Selma hinüber und wollte unbedingt mit ihr Brüderschaft trinken, aber Selma stieß ihn mit ihrem Glas leicht zurück, lachte laut auf, schaukelte mit ihren Beinen und schob immer wieder Geigers behaarte Hand von ihren Knien.

Der andere Stuhl an Selmas Seite, Andrejs Stuhl, war leer, und traurig leer blieb auch der Stuhl, den sie für Donald hingestellt hatten. Schade, dass Donald nicht da ist, dachte Andrej … Aber! Auch das werden wir überstehen! Wir sind schon mit ganz anderen Dingen fertiggeworden … Seine Gedanken gerieten ein wenig durcheinander, er fühlte einen Anflug von Tragik, doch er hielt sich weiterhin wacker und unverzagt. Andrej kehrte auf seinen Platz zurück, nahm das Glas in die Hand und schrie: »Trinkspruch!«

Aber niemand achtete auf ihn. Nur Otto fuhr mit dem Kopf herum wie ein Pferd, das von einer Bremse gebissen wurde, und erwiderte »Ja! O ja!«

»Ich bin hierhergekommen, weil ich daran geglaubt habe!«, sagte Onkel Jura mit lauter Stimme. (Noch immer gelang es dem kichernden Isja nicht, den schwieligen Finger unter seiner Nase wegzuschieben.

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