Gefangen im Packeis - die abenteuerliche Fahrt der Endurance by Christa-Maria Zimmermann

Gefangen im Packeis - die abenteuerliche Fahrt der Endurance by Christa-Maria Zimmermann

Autor:Christa-Maria Zimmermann
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Jugendroman
Herausgeber: Arena
veröffentlicht: 2014-06-05T22:00:00+00:00


November/Dezember 1915

Ich setzte die große flache Dose auf den Boden des Zeltes. Sie hatte in besseren Zeiten ein paar Pfund Kekse enthalten – ich wollte gar nicht daran denken, dass ich die mit dem grünen und rosa Zuckerguss widerlich süß gefunden und deshalb nicht gegessen hatte. Was würde ich jetzt um einen einzigen dieser Kekse geben! Ich hatte meinen Anteil damals McCarthy geschenkt, dem konnte es nicht süß genug sein, er schaufelte vier Löffel Zucker in seinen Tee – allerdings jetzt nicht mehr, denn Zucker gehörte zu den vielen Dingen, die rationiert waren.

Ich zog meinen Löffel aus der Hosentasche und machte einen Längs- und drei Querstriche durch den Seehundeintopf in der Dose, sodass acht gleich große Portionen entstanden. Alle Mann aus unserem Zelt saßen auf den Fersen um die Dose herum, in der einen Hand den Löffel, in der anderen den Blechnapf, und verschlangen den Eintopf mit den Blicken. Die Gier in ihren Augen unterschied sich nicht wesentlich von unseren Hunden, wenn ich ihnen einmal am Tag ihr Futter brachte. Nur Billy drehte mir den Rücken zu und konnte weder die Dose noch die Zeltinsassen sehen.

»Darf ich mir die Bemerkung erlauben, dass das Verteilen meine Sache ist«, sagte Orde-Lees.

»Das darfst du durchaus. Doch es hat keine Folgen.« Der Käpten sprach höflich, aber entschieden. »Blacky hat sich erboten, das Essen zu holen, obwohl du an der Reihe bist. Du hast es bisher noch kein einziges Mal fertig gebracht, die Dose ins Zelt zu bringen, ohne etwas zu verschütten. Oder du trödelst so lange herum, bis alles eiskalt ist. Wer das Essen holt, verteilt es auch.« Er nickte mir zu. Ich zeigte mit dem Löffel auf eine Portion.

»Greenstreet«, sagte Billy.

Ich löffelte die Portion in den Napf, den der Erste mir hinhielt, und zeigte auf die nächste Portion.

»Kerr«, sagte Billy.

Der Maschinist gab mir seinen Napf, und ich füllte ihn.

»Der Skipper! Macklin! Clark! Lees!«

Alle Namen aus unserem Zelt wurden von Billy aufgerufen. Während ich die Portionen verteilte, wurde mir plötzlich bewusst, dass wir schon seit einiger Zeit keine Titel mehr verwendeten, auch die Untergebenen nicht bei den Offizieren oder die bei den Wissenschaftlern. Niemand sagte mehr Sir Ernest, alle nannten ihn Boss, der Herr Kapitän war zum Skipper oder Käpten geworden, die anderen redeten sich mit Nachnamen oder Spitznamen an. Es gab keinen Doktor mehr und keinen Officer und keinen Mister oder Sir. Wir waren Schiffbrüchige, die auf einem Floß aus Eis über das antarktische Meer trieben, und beim Kampf ums Überleben waren alle Äußerlichkeiten unwichtig geworden. Der Boss allerdings sah das weniger dramatisch. Er hatte eben in der Kombüse neben mir gestanden und gewartet, dass Green unsere Dosen füllte, denn er tat dieselbe Arbeit wie jeder andere.

»Weißt du, wie ich mir vorkomme, Blacky? Wie früher in der Schule, wenn wir alle ins Ferienlager gingen. Da lebten wir auch im Zelt und wurden zum Essenfassen abkommandiert und jeder passte auf, dass der andere nicht mehr kriegte als er selbst.«

Ferienlager? Dieser Vergleich war wieder typisch für den Boss. Ich war zwar noch nie in einem



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