Gefahr by Dick Francis

Gefahr by Dick Francis

Autor:Dick Francis [Francis, Dick]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-08-20T04:00:00+00:00


11

John Nerrity war ein breit gebauter Mann von mittlerer Größe mit ergrauendem, gut und kurz geschnittenem Haar und entsprechend gestutztem Schnurrbart. Zwar konnte ich mir vorstellen, daß er an guten Tagen einigen Charme verströmte, an diesem Abend aber sah ich nur einen machtgewohnten Mann, der ein Mädchen, das nicht halb so alt wie er war, geheiratet hatte und es zu bereuen schien.

Sie lebten in einem großen, allein stehenden Haus am Rand eines Golfplatzes bei Sutton, südlich von London, nur etwa drei Meilen von da entfernt, wo ihr vierbeiniges Wunder auf den Epsom Downs ein Vermögen verdient hatte.

Das Äußere des Hauses hatte sich im Halbdunkel unserer Ankunft als in den Dreißigerjahren ausgebauter Tudorstil entpuppt, jedoch dezent und gelungen. Im Innern sahen die Teppichböden unbetreten aus, die Brokatsessel unbesessen, die Seidenkissen unverknittert, die Farben und Tapeten unabgenutzt. Unverblaßte Samtgardinen hingen in steifen, regelmäßigen Falten von aufwendigen Blendleisten herab, und auf mehreren Couchtischen aus Chrom und Glas lagen hochglänzende, dicke, unabgegriffene Bücher. Es gab keine Fotos und keine Blumen, und die Gemälde waren ausgewählt, um Wände, nicht Gedanken einzunehmen; das Ganze ähnelte mehr einem Schaufenster als dem Zuhause eines kleinen Jungen.

John Nerrity hielt einen Gin Tonic mit klirrendem Eis und schwimmender Zitronenschale in der Hand, an sich schon eine Aussage über seine Streßtoleranz. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie Paolo Cenci sechs Stunden nach der ersten Lösegeldforderung Eis und Zitrone aufgetrieben hätte – er konnte kaum einschenken, ohne etwas zu verschütten.

Bei Nerrity waren Tony Vine mit seiner allerverschlossensten Miene und ein anderer Mann, mürrisch um den Mund, bitter um die Augen, der mit Tonys Akzent sprach und in der Flanellhose und dem saloppen Pullover irgendwie aussah, als komme er gerade von einem Spaziergang mit seinem Hund.

»Kriminalkommissar Rightsworth«, stellte ihn Tony ausdruckslos vor. »Er wartet darauf, mit Mrs. Nerrity zu sprechen.«

Rightsworth nickte mir kaum zu, und auch das eher repressiv als grüßend. Einer von denen, dachte ich. Ein Zivilistenhasser. Einer, der von der Polizei als »wir« dachte und von der Öffentlichkeit als »die«, wobei »die« von Natur aus minderwertig waren. Mich erstaunte es immer, daß Polizeibeamte dieser Sorte befördert wurden, doch Rightsworth war Beweis genug dafür, daß sie es schafften. Der alte lächerliche Spruch »Wo wohnt die Polente? Am dicken Ende« kam mir in den Sinn; und Popsy hätte für mein Bemühen, ein ernstes Gesicht zu wahren, Verständnis gehabt.

Alessia und Miranda waren dicht beieinander und einen Schritt hinter mir ins Wohnzimmer gekommen, als ob sie mich als Kampfschild benutzten, und dem Gesicht John Nerritys war deutlich anzumerken, daß der Anblick seiner Frau wenig liebende, tröstende oder fürsorgliche Gefühle auslöste.

Er gab ihr keinen Kuß. Grüßte sie nicht. Er sagte lediglich, wie in einem laufenden Gespräch: »Ist dir klar, daß ich Ordinand nicht verkaufen kann? Ist dir klar, daß wir bis sonstwohin verschuldet sind? Nein, keineswegs. Du bist doch zu nichts zu gebrauchen. Nicht mal auf ein Kind kannst du aufpassen.«

Miranda klappte hinter mir zusammen und sank zu Boden. Alessia und ich bückten uns, um ihr aufzuhelfen, und ich sagte in Mirandas Ohr: »Menschen, die Angst haben, sind oft zornig und sagen verletzende Dinge.



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