Gefaehrliche Begierde by Callahan Coreene

Gefaehrliche Begierde by Callahan Coreene

Autor:Callahan, Coreene [Callahan, Coreene]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
veröffentlicht: 2014-01-03T23:00:00+00:00


16

Schwaches Sonnenlicht drang durch die Wolkendecke und streichelte J.J.s Schulter. Die Anfänge einer neuen Melodie huschten ihr durch den Kopf. Der Refrain ging im Zweier-Takt. Das Hauptinstrument? Eine akustische Gitarre. Es lief immer so ab. Zuerst kam das Schlagzeug und gab ihr den Rhythmus vor, bevor sich eine musikalische Schicht nach der anderen darüberlegte und Gestalt annahm. Und schließlich entstand das, was es werden sollte ... ein Song, zusammen mit dem Songtext. Mit dem Text, den sie in ihr Notizbuch gekritzelt hatte, das sie in der Zelle unter ihrer Matratze versteckt hielt. An diesen Punkt zu gelangen, konnte fünfzehn Minuten oder ein paar Tage dauern, aber...

Irgendwann. Würde sich das Stück zusammenfügen. Eine wunderbare Vereinigung von Rhythmus und Noten bilden. Etwas, das sie sich Vorsingen konnte, wenn sie nachts auf ihrer Pritsche lag und dem Gefängnisflüstern rund um sich lauschte. Ein kleiner Trost an einem rauen Ort.

Tania nannte ihre musische Begabung Genialität. Bewunderte ihre Fähigkeit, irgendein Instrument in die Hand zu nehmen und es in weniger als zwei Wochen zu erlernen. J.J. war da anderer Meinung. Ihr Talent war nichts Besonderes. Einfach ganz normal in einem Leben, das nur aus

Routine bestand. Höchstens so lala, aber wenigstens leisteten ihre Songs ihr Gesellschaft.

J.J. summte die Melodie und hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Dürftige Wärme streichelte ihre Haut und lud sie ein, stehenzubleiben und mehr davon in sich aufzusaugen. Stattdessen bewegte sie sich aber weiter, schlurfte über das abgetretene Pflaster entlang des stacheldrahtbewehrten Maschendrahtzauns zu ihrer Linken, der offene Gefängnishof zu ihrer Rechten. Tagein, tagaus. Es war immer dasselbe. Sie hielt fest an ihrem Weg, an der gleichmäßigen Routine, die sie aufrechterhielt.

Heute ging es allerdings nicht nur ums Überleben. Oder um das selbst auferlegte Exil ins Land der Einsamkeit. Es ging um Strategie. Um die Vorbereitung auf das, was auf sie zukam.

Erregung kitzelte sie. Nervosität erinnerte sie daran, dass bei aller Hoffnung auch Vorsicht geboten war. Sie konnte es sich nicht leisten, es zu verderben. Aber genauso wenig durfte sie zu sehr hoffen. Darin lag die Gefahr von Enttäuschung als Hauptgericht an dem Esstisch, der sich Leben nannte.

J.J. zog die Schultern in ihrer Gefängnisjacke ein und ging weiter, behielt ihre regelmäßige Gangart bei. Runde für Runde legte sie zurück, eine ging in die andere über. Gitarrennoten und Trommelschläge verschmolzen, während sie in Gedanken die verschiedenen Möglichkeiten durchspielte. All die Fragen durchging, die der Bewährungsausschuss ihr stellen könnte. Und wie sie sie beantworten würde.

Sie beendete ihre fünfte Runde und ignorierte das de-primierende Grau der eingezäunten Fläche. Zusammengedrängt standen die Insassen in der Mitte des großen Hofs, die Hände tief in ihren Hosentaschen, Wollmützen auf dem Kopf gegen die Kälte. Ihre Stimmen stiegen auf und prallten aufeinander, klangen eher wie schnatternde Vögel als wie erwachsene Frauen, die sich unterhielten. Der mentale Schnappschuss führte bei J.J. dazu, sich eine Schar Flamingos vorzustellen, die auf einem Bein in einem Teich standen. Das laute Geräusch wäre ungefähr vergleichbar. Vogel- gegen Frauenschnattern, was war der wirkliche Unterschied? Die Farbe und die Tatsache, dass Flamingos die Freiheit hatten, wegzufliegen.

Wann immer sie wollten.



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