Erste Sahne! by Tilman Janus

Erste Sahne! by Tilman Janus

Autor:Tilman Janus
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: Bruno Gmünder
veröffentlicht: 2012-10-25T00:00:00+00:00


Die Mönche von Toledo

Todmüde, halb verhungert und mit wundgescheuerten Füßen erreichten wir am Abend den Rio Tajo. Da unsere Augen von Staub und Hitze verquollen waren, glaubten wir zuerst nicht, was wir sahen, als wir aus dem felsigen Bachtal in die Ebene hinaustraten. Zwischen Feldern strömte der träge breite Fluss.

Im Hintergrund gen Osten erhob sich, rotgelb beleuchtet von der untergehenden Sonne, die malerische Altstadt von Toledo. Wie eine vielgliedrige Burg hockten die alten Häuser hoch auf den steilen Felsen, mittendrin als Krönung der Alcazar mit seinen Türmen. Tausende von Mauerseglern umschwirrten die steilen Abhänge, sausten über die ziegelroten Dächer, stürzten sich bis zum Fluss hinunter und glitten mühelos im Aufwind wieder den Felsen empor.

Direkt über uns, auf einem steilen Felsen, ragte ein uraltes Kloster auf. Um die Kirche mit dem großen Kreuz drängten sich winzige, ärmlich wirkende Gebäude.

'Was meinst du?', fragte Dario. 'Ob da noch jemand wohnt?'

'Und ob er was zu essen für uns hat?'

'Eher unwahrscheinlich.'

Ich blinzelte durch meine verschwollenen Augenlider bis zur Stadt in der Ferne. 'Aber bis dahin noch laufen?'

Dario nickte. 'Dann versuchen wir mal den Aufstieg!'

Der schmale Fußweg hoch zum Kloster war steil und gefährlich. Wir rutschten oft aus. Außerdem wurde es ziemlich schnell dunkel. Meine Füße brannten in den feuchten Schuhen inzwischen wie Feuer. Dario ging es bestimmt nicht anders.

Endlich, im allerletzten Abendschein, erreichten wir die Felsplattform. Das Kloster wirkte wie ausgestorben. Trotzdem schwor ich mir, nicht vor dem Morgengrauen wieder hinunterzuklettern, denn bei diesem gefährlichen Bergpfad hätten wir uns ebenso gut hinunterstürzen können!

Mit letzter Kraft schlichen wir zum großen hölzernen Tor in der dicken Klostermauer und klopften an.

Mehrere Minuten lang tat sich nichts. Inzwischen war es ganz dunkel geworden, nur ein paar Sterne blinkten am Nachthimmel.

Wir wollten bereits aufgeben, da hörten wir hinter dem geschnitzten Tor leise Schritte. Wahrscheinlich ein uraltes Männchen, das nur noch von Luft lebte und nichts zu essen hatte.

Ein schwerer Riegel quietschte und schrabte, dann bewegte sich innerhalb des großen Tores eine kleine Tür nach innen. Gespannt starrten wir aus unseren sonnengeschädigten Augen auf die dunkle Tür.

Ein Lichtschein flackerte. In der Tür stand eine schmale, kleine Gestalt mit einer Petroleumlampe in der Hand. Undeutlich erkannte ich das einfache, sackleinerne Gewand, das bis zu den nackten Füßen reichte und von einer Kordel in der Taille zusammengehalten wurde.

'Buenas noches! ', grüßte Dario höflich und fragte auf Spanisch nach einem Nachtquartier.

Währenddessen versuchte ich, das Gesicht zu erkennen. Es erschien mir im Licht der schwachen Petroleumflamme ganz jung, aber das konnte doch nicht sein!

'Sí! ' Der Mann nickte und trat zurück, um uns anzudeuten, dass wir eintreten durften.

Ich schaute ihn an, als ich an ihm vorbeiging, und nickte ihm ebenfalls freundlich zu. Da sah ich, dass er wirklich blutjung war, eigentlich noch gar kein richtiger Mann, wahrscheinlich erst um die sechzehn. Seine schlichte Mönchskutte verdeckte seinen gesamten Körper. Das Gesicht war blass, aber hübsch und glatt. Vielleicht stammte er aus Nordspanien, denn er hatte blondes Haar, dazu runde braune Augen.



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