Digitale Diktatur by Stefan Aust & Thomas Ammann

Digitale Diktatur by Stefan Aust & Thomas Ammann

Autor:Stefan Aust & Thomas Ammann
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
Herausgeber: Ullstein Buchverlag GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2013-12-31T16:00:00+00:00


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Happy Hacking: Freiheit für die Daten

»Sie konnten einen Tag und Nacht bespitzeln, aber wenn man den Kopf behielt, konnte man sie überlisten. Bei all ihrer Gerissenheit hatten sie doch nie das Problem gelöst, wie man herausfand, was ein anderer dachte. Vielleicht stimmte das nicht mehr so ganz, wenn sie einen tatsächlich in der Gewalt hatten.«

George Orwell, 1984

Das Jahr 1984 war gerade angebrochen, als in Deutschland die Hackerszene einen ordentlichen Verein gründete. Im Februar dieses bedeutungsschweren Jahres fanden sich in einem Buchladen mit dem bezeichnenden Namen Schwarzmarkt im Hamburger Univiertel etwa zwanzig vorwiegend jugendliche und vorwiegend männliche Teilnehmer zu einem reichlich konspirativen Treffen ein. Es war die Gründungsversammlung des Chaos Computer Clubs (CCC), laut Selbstaussage »eine galaktische Vereinigung ohne feste Struk­turen«. Eingeladen hatte eine kleine Gruppe um Herwart Holland-Moritz, damals zweiunddreißig, besser bekannt als »Wau« Holland. Er war zu jener Zeit die zentrale Persönlichkeit in der deutschen Hackerszene, die Seele des Chaos Computer Clubs, und das blieb er bis zu seinem frühen Tod im Jahr 2001.

Zeit seines Lebens passte Holland in keine Schablone. Schon sein Auftreten wirkte für viele irritierend, mehr noch galt das für seine Gedanken und Visionen zur Zukunft der Computergesellschaft. Sein Markenzeichen waren seine blaue Latzhose, die er zuweilen gegen ein weißes Exemplar tauschte, sowie ein Phasenprüfer zur Messung elektrischer Spannung, den er stets in der Brusttasche trug, der mächtige Schnurrbart in Kombination mit etwas wirr frisiertem Haar, eine überraschend sanfte Stimme, die manchmal schneidend werden konnte, sowie dunkle, freundliche Augen, die das Gegenüber aufmerksam fixierten. Dem Anschein nach war Holland ein »Alternativer«, aber einer, der von Computern und den Möglichkeiten ihrer Vernetzung fasziniert war – eine Kombination, die damals als exotisch galt und gerade in der links-alternativen Szene misstrauisch beäugt wurde.

Wau Holland alias »Dr. Wau« war es, der als Erster in Deutschland die Lust am Hacken, am Surfen in den Datennetzen und dem Eindringen in fremde Computer, mit dem politischen Anspruch auf Informationsfreiheit verband – Computernetze als Verheißung einer Zukunft, in der das Wissen und die Daten nicht mehr den Herrschenden dienen, sondern für alle Bürger frei zugänglich sind. Man wollte die neue Technik nicht einfach den Staaten und anderen mächtigen Institutionen überlassen. »Freiheit für die Daten!«, so lautete die Losung der Chaos-Hacker. Schon damals drehte sich der Konflikt also um das, was die NSA heute als Kampf um die »informationelle Vorherrschaft« im Internet bezeichnet.

Seinen Lebensunterhalt verdiente der Computervisionär Wau Holland damals mit Artikeln in der links-alternativen Tageszeitung (taz), in denen er über die aufkeimende deutsche Hackerszene und andere Themen aus dem Datenuntergrund berichtete. Dass Holland stets mit einem tragbaren Osborne-Computer unterwegs war, einem Gerät von der Größe einer ausgewachsenen Camping-Kühlbox, erregte das Misstrauen vieler Kollegen im Umfeld der linken taz, denn Computer galten weithin als Teufelszeug. Aber nicht so für die Freunde und Unterstützer des ominösen Clubs, der an jenem Abend im Februar 1984 im Hamburger Schwarzmarkt ins Leben gerufen wurde.

Begonnen hatte die Geschichte der deutschen Hacker allerdings erheblich früher, nämlich mit einem Aufruf in der taz vom 1. September 1981. Ein »Tom Twiddlebit«, mit bürgerlichem



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