Die Schwestern des Mondes: Katzenherz Roman by Yasmine Galenorn
Autor:Yasmine Galenorn [Galenorn, Yasmine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426422182
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2014-11-29T05:00:00+00:00
Kapitel 11
Wir liefen immer geradeaus, den Göttern sei Dank – nicht um zig Ecken wie im Palast. Trenyth trieb uns zur Eile an. Camille und ich waren verletzt – kleine blutende Wunden, Prellungen, abgeschürfte Ellbogen und Knie –, und Camille lief barfuß, doch wir ignorierten die Schmerzen, denn ein Ungeheuer rüttelte an den Toren der Stadt. Beinahe spürten wir den heißen Atem des Sturms im Nacken.
Bis hierher fühlte ich die gewaltige Spannung, mit der das Unwetter die Stadt attackierte. Camille standen buchstäblich die Haare zu Berge. Meine Arme waren von Gänsehaut überzogen, und ich spürte ein Kribbeln am ganzen Körper, als krabbelten Ameisen auf mir herum.
Trenyth lief vor uns den schmalen Gang entlang. Die Wände schienen aus Hecken zu bestehen, und als ich aufblickte, erkannte ich schwach die Umrisse von Zweigen, die die Decke bildeten. Sie waren so eng miteinander verwoben, dass kaum Licht hindurchdrang, doch die unnatürlichen Farben dieses Gewitterhimmels waren unverwechselbar. Trenyth leuchtete uns den Weg mit einer schwachen Lichtquelle, die auf seiner Schulter saß. Ich hatte keine Ahnung, was das war – ein Blickfänger jedenfalls nicht –, aber wir hatten jetzt keine Zeit für Fragen. Keine Zeit für irgendetwas außer Rennen.
Endlich erreichten wir eine Tür am Ende des seltsamen Gangs, und Trenyth zögerte nicht. Er legte die flache Hand daran, und die Tür flog auf und knallte gegen die Wand. Er trat hindurch, und wir folgten ihm. Wir befanden uns nicht mehr in der Nähe des Palastes, das war klar, aber ich hatte keine Ahnung, wo wir sein mochten.
Wir betraten einen niedrigen Raum, und Trenyth schloss die Tür hinter uns und murmelte einen Zauber. Ein zarter blauer Schimmer huschte die Kanten entlang. Ich hatte das Gefühl, dass er den Eingang gründlich versiegelt hatte. Der Schimmer wurde heller, und wir standen in kühlem, bläulichem, leblosem Licht wie von einer Neonröhre. Der Raum war rechteckig, mit einer Tür in der gegenüberliegenden Wand und einem Tisch und Stühlen in der Mitte. Schränke säumten eine der Wände, und in der Ecke bemerkte ich etwas, das wie ein Brunnen aussah.
Trenyth wandte sich uns zu. »Setzt euch. Seht nach euren Wunden.«
Wir gehorchten stumm. Camille untersuchte mit verzerrtem Gesicht ihre Füße und zog energisch einen kleinen Dorn aus einer Fußsohle. Dann zog sie ihren Rock hoch. Ihre Knie waren böse aufgeschürft, die Waden voller Blutergüsse. Von mehreren Stürzen blutete sie an den Ellbogen.
Mir war es nicht viel besser ergangen. Meine Arme waren zerkratzt, und ich hatte eine hässliche Prellung im Rücken, weil ich über irgendetwas gestolpert und hart aufgeschlagen war. Jetzt erst wurde mir bewusst, dass mir ein dünnes Rinnsal Blut übers Gesicht lief. Aber es kam nur von einer kleinen Schnittwunde über meiner linken Wange. Ich wischte die paar Tropfen weg und setzte mich auf einen Stuhl. Es tat gut, endlich ausruhen zu können.
Wir waren kaum ein paar Augenblicke dort, als es wieder grollte und der Boden bebte. Trenyth wirkte unbesorgt, während Camille und ich unter den Tisch in Deckung hechteten. Der Boden schwankte wellenförmig, doch in diesem Raum löste sich offenbar nichts von Decke und Wänden oder fiel gar herab.
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