Die Rückkehr der Kraniche by Romy Fölck

Die Rückkehr der Kraniche by Romy Fölck

Autor:Romy Fölck [Fölck, Romy]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644014459
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Grete

Freya war auf den Dachboden gestiegen, als sie sich in ihr Schlafzimmer zurückgezogen und vor die Tür einen umgekehrten Reisigbesen gestellt hatte. Das Zeichen, das Freya damals erfunden hatte, weil ihre Zimmertüren nicht abschließbar waren. Das Zeichen für alle im Haus, dass sie nicht gestört werden wollte. Immer wieder hörte sie ihre dumpfen Schritte über sich. Dann war es plötzlich ein schleifendes Geräusch, später ein Rumpeln. War es gut, sie dort oben auf ihre unverfälschte Vergangenheit loszulassen?

Grete hatte die Sachen ihrer Schwester in Kisten verpackt. Ein Jahr nachdem sie ausgezogen war. Mutter hatte es so gewollt. Freyas leeres Jugendzimmer war für Wilhelmine wie eine offene Wunde gewesen, die sie ausgebrannt haben wollte. Also hatte Grete Umzugskisten besorgt und das hineingepackt, was die Jüngere hinterlassen hatte. Sie selbst war Anfang zwanzig gewesen, eine verlorene Seele im Haus. Und im Dorf. Stumme Tränen hatte sie in diesem Zimmer geweint und getrauert, dass es nie wieder werden würde wie früher.

Aber als die Kisten endlich oben auf dem Dachboden waren, hatte auch sie sich geläutert gefühlt. Der Schmerz kam und ging in Schüben, die immer leichter wurden. Aber ganz fort war er nie. Manche Verluste konnte auch die Zeit nicht heilen.

Grete setzte sich in ihren Lesesessel, setzte die Brille auf und wollte nach dem Buch greifen, das sie vor Tagen begonnen hatte, als ihr Handy vibrierte. Sie stand auf und nahm es vom Regal, wo es lag. Hauke Jensen, stand auf dem Display. Sofort stand sie unter Strom. Vielleicht eine Terminabsprache, für die er nicht anrufen wollte. Sie öffnete seine Nachricht.

Ich vermisse dich.

Mehr nicht, nur diese drei Worte, die ihr Innerstes nach außen stülpten. Ihr Herz pumpte in schweren Schüben, als sie sich in den Sessel setzte, kerzengerade, das Handy in der Hand. Wie konnte er das tun? Mit getippten Buchstaben ihrer beider Welt auf den Kopf stellen? Oder wollte er genau das? Aus seinem Leben ausbrechen, indem er ihrem One-Night-Stand ein Upgrade verpasste, eine lockere Liebesbeziehung, die zum Scheitern verurteilt war?

Was sollte sie ihm antworten? Nichts, was ihr einfiel, war richtig. Kein Ich vermisse dich auch, kein Lass es uns dabei bewenden.

Grete saß da und starrte auf die elektronischen Zeichen, die vor ihren Augen verschwammen. Sie grübelte noch im Bett, konnte nicht einschlafen, weder auf ihrer linken Schlafseite noch auf der rechten. Schließlich lag sie auf dem Rücken und starrte in die Dunkelheit. Im Haus war es längst ruhig geworden. Unten schliefen Mutter und Tochter, die hier irgendwie eine Einheit bildeten, oben Freya und sie, deren Schwerter langsam stumpf wurden, wenn sie diese auch noch nicht ablegen konnten. Aber eine Waffe, die nicht mehr verletzen konnte, war nutzlos. Wann würde der Tag kommen, wenn sie beide das verstanden?

Wieder wechselten ihre Gedanken zu Hauke. Hier in der Dunkelheit war plötzlich sein Gesicht ganz nah bei ihrem. Seine Barthaare schienen ihre Wange zu kitzeln. Sie vermisste ihn auch, das müsste sie ihm schreiben.

Wie lange war er ungeküsst gewesen an jenem Abend? Wie viele Monate oder Jahre hatte sein Körper vorher auf Zärtlichkeiten verzichten müssen? Der



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