Die Kuppel by Markus Stromiedel

Die Kuppel by Markus Stromiedel

Autor:Markus Stromiedel [Stromiedel, Markus]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-06-12T16:40:17+00:00


22

Ich blieb die Nacht über bei ihr. Es schien mir sicherer, denn das Mondgesicht und sein Kollege würden überall nach mir suchen, so beharrlich, wie sie mich verfolgt hatten. Peggy, so nannte sie sich, kam, nachdem sie geduscht hatte, in einem Nichts aus transparentem Stoff in das Schlafzimmer ihrer kleinen Wohnung gleich oberhalb des Kontakthofs. Sie sah umwerfend aus, und sie wusste um ihre Wirkung. Ich dachte an Anna und zögerte, doch sie griff zu und entwickelte eine solche Fingerfertigkeit, dass ich bald schon bei ihr lag und Dinge erlebte, von denen ich bis dahin noch nicht einmal gehört hatte.

Ich hatte ein schlechtes Gewissen, als ich am nächsten Morgen aufwachte und in die Sonne blinzelte, die durch das Fenster auf das Bett schien. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich bei einer Hure gewesen war; nicht wegen irgendwelcher Skrupel oder weil ich mich nicht getraut hätte, ich hatte schlicht auch so genug Spaß gehabt. Ich hatte das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. War es wegen Anna? Eine Weile gab ich der Empfindung nach, dann wurde ich ärgerlich: Was war schlimm an dem, was ich getan hatte? Ich kannte Anna erst seit kurzer Zeit, vor wenigen Tagen wusste ich noch nicht einmal, dass es sie gab. Sollte sich wegen ihr irgendetwas verändern? Es war mein Leben, und wenn ich keine Uniform trug, konnte mir niemand vorschreiben, was ich zu tun hatte.

Das schlechte Gewissen blieb. Anna hatte etwas verändert.

Peggy war schon aufgestanden, sie saß in Slip und T-Shirt am Esstisch und rauchte eine Zigarette, während sie mich beobachtete. Abgeschminkt und in gewöhnlichen Klamotten, sah sie bis auf den Kahlkopf so aus wie Tausende andere junge Frauen: hübsch, aber nicht umwerfend schön, sympathisch, aber nicht magisch.

Sie grinste spöttisch. »Gut geschlafen?«

Ich nickte. Die Nacht mit ihr war durchaus anstrengend gewesen, und ich hatte, nachdem sie von mir abgerückt war, geschlafen wie ein Stein.

Sie betrachtete mich abschätzend. »Du bist verliebt.«

Ich war erstaunt. »Woher willst du das wissen?«

»Es ist dein Blick.«

»Blödsinn!«

»Glaub mir, ich weiß es.«

Ertappt setzte ich mich auf und zog die Decke über meine Beine. Sie zündete sich eine neue Zigarette an und hielt mir die Packung hin.

»Ist sie schön? Wie heißt sie? Du liebst sie natürlich abgöttisch.« Ihre Stimme klang spöttisch.

Ich begann tatsächlich zu erzählen. Ich weiß nicht, warum, die Situation war absurd. Aber da saß ich, hatte eine Nacht mit einer Prostituierten verbracht und schwärmte von der Frau, in die ich mich gerade verliebt hatte. Peggy hörte stumm zu und strich sich mit der Hand über ihren kahlgeschorenen Kopf.

Keine Ahnung, was in ihr vorging.

Schließlich gab sie mir ihren Kaffee und griff wortlos nach meinem Tagger, um sich vierhundert Euro abzubuchen. Mein Blick fiel auf einen Bilderrahmen, der flach auf dem Nachttisch lag, die Bildseite nach unten. Ich drehte ihn um und betrachtete das Foto, ein hübscher blonder Junge lächelte mich an. »Wer ist das?«

Sie nahm mir das Foto aus der Hand. »Finger weg! Das geht dich nichts an.«

»Dein Freund?«

Sie warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Der Junge war höchstens zwölf.



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