Die Hexen - Roman by Heyne

Die Hexen - Roman by Heyne

Autor:Heyne [Heyne]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2010-06-05T22:00:00+00:00


Der Hexen Macht, der Hexen Bann

»Es kann nicht mehr weit sein!«, schrie sie Lucian zu, der mit seiner Last hustend und keuchend hinter ihr hereilte. Die Haare ringelten sich um seine Stirn, von den Haarspitzen tropfte Wasser. Im ganzen Haus war die Sprinkleranlage angesprungen. Bitterer Qualm erfüllte den Flur.

»Hexerei! Ihr könnt es sogar im Innern eines Gebäudes regnen lassen!«, schnaufte Lucian, während er durch die Pfützen rannte, die sich im Gang sammelten. Wasser rann über die Scheiben des Empfangs, jenes Glaskastens, in dem Yvonne gearbeitet hatte.

Ravenna antwortete nicht. Sie warf einen besorgten Blick auf ihre Schwester. Yvonne war genauso nass wie Lucian und sie war noch immer ohne Bewusstsein. Eigentlich sollte ich wütend auf sie sein, dachte Ravenna. Aber sie spürte nur Angst.

»Hier ist es!«, rief sie. Ein grün leuchtendes Piktogramm zeigte den Notausgang an. Sie drückte den Griff nach unten. Die Tür war verschlossen.

»Das kann doch nicht wahr sein!«, stöhnte Ravenna und warf sich mit der Schulter gegen den Stahl. Weder Geschrei noch Gewalt halfen weiter. Der Ausgang war verriegelt.

Dabei war der dichte Qualm noch nicht einmal das einzige Problem, auch wenn er das Atmen erschwerte. Mit dem Rauch breitete sich eine bestimmte Art von Dunkelheit in den Fluren und Lesesälen aus, ein Schatten, vor dem es Ravenna graute. Sie sah, wie die Topfpflanzen auf dem Fensterbrett schwarz wurden und verdorrten, und musste wieder an Corbeaus vergifteten Garten denken. Schützend legte sie den Arm vor das Gesicht, um den Qualm nicht einzuatmen. Dann warf sie sich von neuem gegen die Tür.

»Ravenna.«

Als sie Lucians Stimme hörte, drehte sie sich um. Er stand im künstlichen Regen, ein von Blitzen beleuchteter, junger Mann, der ihre Schwester auf den Armen hielt. Neben ihm stand der Professor.

Statt des zerknitterten Anzugs trug der Gelehrte nun plötzlich einen langen Druidenmantel. Um seine Hüften lag eine breite Schärpe und in der Hand hielt er einen Stab, an dessen Spitze ein Licht strahlte. Er lächelte und sagte kein Wort. Mit der linken Hand wies er auf die Angeln der breiten Fluchttür und schrieb ein magisches Zeichen in die Luft. Sie glühten erst rot und dann weiß. Dann zerriss ein scharfer Knall die Luft und die Tür sackte zur Seite.

Der Professor schritt an Ravenna vorbei und stieg die Treppe hinunter. Das Licht, das er trug, schwebte in die Tiefe. Mit der Schulter schob Lucian sie an. »Geht! Bitte folgt ihm! Schnell.«

Mit weichen Knien ging sie die Treppe hinunter. Auf dem nächsten Absatz gab es wieder einen Notausgang, aber der Professor ließ ihn außer Acht. Zögernd streifte Ravenna mit den Fingerspitzen über die Stahltür – und zuckte zusammen. Ihre Fingerkuppen schmerzten, die Tür war glühend heiß.

Von nun an zögerte sie nicht mehr, dem kleinen, weißen Licht zu folgen. Der Professor führte sie in den Keller und dann durch die Tiefgarage, wo es eine weitere Fluchttür und einen Betonschacht gab, der in einer Treppe mündete.

Sie kamen in einem Park heraus, viele Schritte vom Gebäude entfernt. Es war dunkel und regnete immer noch, doch der Wind hatte nachgelassen. Zuckende Lichter erhellten den



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