Die geheimen Verfuehrer by Vance Packard
Autor:Vance Packard [Packard, Vance]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
XIII. Heilmittel gegen geheimen Widerwillen
Die Dörrpflaume ist eine freudlose Puritanerin... Es bedurfte geradezu ihrer Neuentdeckung.«
Ernest Dichter, Präsident des Institute for Motivational Research
Am dankbarsten wurden die Erkenntnisse der Motivanalytiker in den Bereichen der Wirtschaft aufgenommen, wo sie bei der Überwindung unserer versteckten Widerstände gegen ihre Produkte behilflich waren. Häufig schien unser Widerstand blindlings vernunftwidrig und mit der Normaldosis an Überredung nicht zu lockern. Man zog die für den Umgang mit Menschen zuständigen Doktoren zu Rate, die mit diagnostischem Geschick die Wurzeln unseres Widerstandes bloßlegten und Linderungsmittel verschreiben sollten. Es stellte sich heraus, daß viele dieser verborgenen Widerstände gegen bestimmte uns angebotene Erzeugnisse auf unserem vernunftwidrigen oder scheinbar vernunftwidrigen Vorurteil beruhten. Diese Produkte fördern eine Art Minderwertigkeitskomplex zutage. Es hängen ihnen, um Dr. Dichters Ausdruck zu gebrauchen, »psychologische Einschränkungen« an. Einige der stolzesten von Dr. Dichters Institut errungenen Triumphe sind mit der »Neuentdeckung« von solcherart mit Minderwertigkeitskomplexen belasteten Erzeugnissen oder Waren verknüpft. Im folgenden bringen wir einige von tiefenpsychologischen Experten diagnostizierte besonders bezeichnende Fälle von psychologischer Einschränkung nebst der angewandten Heilbehandlung, die den unglücklichen Patienten im Kampf um unser Geld eine neue Chance geben sollte.
Späte Mädchen und billige Pensionen. Die von Dr. Dichter an der armen, minderwertigkeitsgeplagten Dörrpflaume vollzogene Schönheitsoperation gehört zu den klassischen Leistungen der Motivforschung.
Die Dörrpflaumenhändler sahen sich in ihrem Bemühen, die Amerikaner zum Dörrpflaumenessen - und sei es auch nur in den gleichen Mengen wie in früheren Jahren - zu überreden, außerordentlich entmutigt. Der Verzweiflung nahe, wandte sich der California Prune Advisory Board ratsuchend an das Institute for Motivational Research. Dr. Dichter vermutete, vielleicht instinktiv, daß unterbewußte Widerstände gegen die Dörrpflaume im Spiele seien. [Die Frage: »Wohin mit den Steinen beim Pflaumenessen?« dürfte ein nicht unterbewußter Faktor sein.] Die Vielfalt der versteckt der Dörrpflaume innewohnenden Sinngehalte überraschte indessen sogar seine Sachbearbeiter. Das Bild der Dörrpflaume war mit unseligen Bedeutungen geradezu überladen. Wortassoziationstests ergaben, daß bei den Leuten in bezug auf die Dörrpflaume als erstes Vorstellungen wie »alte Jungfer« oder »vertrocknet« auftauchten. Bei Untersuchungen darüber, welchen Raum das Wort »prune« in der englischen Sprache einnimmt, stieß man auf Ausdrücke wie »Vertrocknete alte Zwetschge!« und »Gesicht wie 'ne alte Dörrpflaume«. Die Tiefeninterviewer stellten fest, daß Dörrpflaumen als Sinnbild der Gebrechlichkeit und mangelnden Lebenskraft empfunden würden. Andere erinnerten sich bei Dörrpflaumen der elterlichen Autorität. Sie dachten daran, daß sie als Kinder oft angehalten worden waren, Dörrpflaumen zu essen, einfach weil sie »sollten« oder weil »Dörrpflaumen gut für dich sind«. Man brachte Dörrpflaumen in Verbindung mit billigen Pensionen, wo sie von knauserigen Pensionsinhaberinnen auf den Tisch gebracht werden, mit geizigen, gebeunlustigen Menschen, mit freudlosen Puritanern. Von der schwärzlich-trüben Farbe der Dörrpflaumen, wie sie einem gewöhnlich vorgesetzt werden, sprach man mit Mißbehagen. Die schwärzliche Farbe wurde irgendwie als symbolisch düster angesehen, und in wenigstens einem Falle wurde die arme Dörrpflaume sogar mit Hexen in Verbindung gebracht.
Neben all diesen Assoziationen ist die Vorstellung von der Dörrpflaume noch mit einer anderen Bedeutung durchsetzt. In erster Linie dachte man an sie als Abführmittel. Als man die Leute bei Wortassoziationstests aufforderte, das erste Wort niederzuschreiben, das ihnen in Verbindung mit Dörrpflaumen in den Sinn komme, schrieben viele »Verstopfung«.
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