Der Sturm der Toten by Lisa Smedman

Autor:Lisa Smedman [Smedman, Lisa]
Die sprache: eng
Format: epub
veröffentlicht: 2013-03-08T16:00:00+00:00

Halisstra kauerte auf einer kleinen Anhöhe oberhalb einer Lichtung im Walde und zupfte nervös an der Schwiele, die die Klaue des Dämons in ihrer Handfläche hinterlassen hatte. In dem kleinen Teich in der Mitte der Lichtung spiegelten sich die Sterne hoch oben am Himmel. Bald würde sich zu diesen kleinen glitzernden Nadelspitzen das Spiegelbild des aufgehenden Mondes gesellen und Halisstra konnte zuschlagen.

Zwei Priesterinnen hielten hier am Teich im Shilmista-Wald Wache. Beide trugen ein Kettenhemd sowie einen Brustpanzer aus Mithral, in den Eilistraees Mond eingestanzt war, dazu ein Schwert und an der Hüfte ein Jagdhorn. Eine ging am jenseitigen Ende des Teiches auf und ab, wobei sie die Schwertspitze leicht auf der Schulter ruhen hatte, die zweite stand breitbeinig in einer eher formellen Haltung, das Zweihandschwert mit der Spitze nach oben vor sich haltend, als erwarte sie jeden Moment eine Inspektion. Beide waren Drow, was hieß, dass sie im Mondlicht ebenso gut zu sehen vermochten wie im Schatten.

Die Frauen schienen den Wald, der die Lichtung umgab, sehr genau im Auge zu haben, allerdings, wie Halisstra interessiert bemerkt hatte – mit einer Ausnahme. Keine der beiden Wachen schenkte der kleinen Anhöhe, auf der sie sich befand, irgendwelche Aufmerksamkeit. Ein rasch gesungenes Bae’qeshel-Lied stellte klar, warum das so war. Hier auf der Anhöhe, direkt unter Halisstra, stand eine dritte Wache, die sich in Unsichtbarkeit gehüllt hatte. Diesmal handelte es sich um einen Mann, ganz in Schwarz und mit Vhaerauns Maske vor dem Gesicht. Um die Brust hatte er sich einen Brustgurt geschlungen, der mit Wurfdolchen gespickt war, am rechten Handgelenk baumelte eine kleine Armbrust.

Halisstra war doppelt so groß wie jede der Drow, die hier Wache schoben, und fähiger und stärker als alle drei zusammen. Sie konnte die Wachen problemlos mit den Krallen zerreißen oder mit giftigen Bissen erledigen. Aber nicht alle auf einen Schlag – das ging nicht einmal mit Magie. Ehe alle drei tot waren, würde eine von ihnen bestimmt Alarm schlagen können, und Halisstra brauchte Zeit, wenn sie sich mit den Geheimnissen des Portals im Teich soweit vertraut machen wollte, dass sie es benutzen konnte. Sie musste alle drei Wachen so schnell und leise wie möglich umbringen. Aber wie?

Sie kratzte an ihrer Hand. Die Hornhaut schmerzte ununterbrochen, so stark, dass nur noch das Pochen in den Löchern in ihrem Fleisch den Schmerz überlagerte, den Löchern, die sie Lolths Mägden zu verdanken hatte und die nie zuheilen würden. Sie sollten Halisstra stets daran erinnern, dass sie im Dienst der Göttin stand – gleichzeitig waren sie eine Erinnerung an die dämonischen dienstbaren Geister Lolths.

»Wendonai«, hauchte Halisstra mit zuckenden Lippen. Sie hasste diesen Dämon fast so sehr wie sich selbst. Sie musste ihm Cavatina ausliefern – um sich selbst zu befreien, aber auch, was noch wichtiger war, um sich Lolth gegenüber zu beweisen. Der Kleriker unter ihr sowie die beiden Priesterinnen am Teich waren drei Felsen, die ihr den Zugang zu ihrer Zukunft versperrten.

Ein warmer Lufthauch strich durch die Blätter der Büsche, zwischen denen sie sich versteckt hielt, und brachte einen merkwürdigen Geruch mit sich.

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