Der neutrale Planet by Robert Silverberg

Der neutrale Planet by Robert Silverberg

Autor:Robert Silverberg [Silverberg, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-03-22T16:00:00+00:00


Schmerzhafte Wiedergeburt

Hinter den tröstlichen Mauern der Zentrale von Terra Import auf Kollidor beschäftigte sich Commander Leon Warshow nervös mit den Psychoberichten auf seinem spiegelglatten Schreibtisch. Commander Warshow dachte über Raumfahrer Matthew Falk nach, und über sich selbst. Commander Warshow war im Begriff, ganz berechenbar zu reagieren.

Personalleutnant Krisch hatte ihm die Geschichte von Falk vor einer Stunde mitgeteilt, und Warshow tat das, was man von ihm erwartete. Er wartete auf den Jungen, nachdem er ihn im Anschluß an eine hastige Besprechung mit Cullinan, dem düsteren Psycho-Offizier der ›Magyar‹, zu sich bestellt hatte.

Eine Ordonnanzstimme tönte aus dem Wechselsprechgerät: »Raumfahrer Falk ist hier, Sir.«

»Er soll ein paar Minuten warten«, sagte Warshow zu hastig. »Ich lasse ihn rufen.«

Eine taktische Verzögerung. Warshow fragte sich, warum er, ein Offizier, vor einem Gespräch mit einem Mannschaftsdienstgrad so verkrampft war, und blätterte die Unterlagen über Matt Falk durch.

›Vollwaise 2543… Akademie… zwei Jahre Kommerzdienst, Militärvertrag… Verletzung auf dem Weg nach Kollidor…‹

Beigefügt waren ausführliche medizinische Berichte über Falks Verletzung, und Dr. Sigstroms Bestätigung. Dazu eine sehr positive Disziplinarliste und ein guter Psycho-Umriß.

Warshow drückte auf die Taste.

»Schicken Sie Falk herein«, sagte er.

Der Photonenstrahl klickte, und die Tür ging auf. Matt Falk kam herein und starrte seinen Vorgesetzten mit steinernem Gesicht an; Warshow funkelte zurück und betrachtete den jungen Mann, als habe er ihn nie zuvor gesehen. Falk war gerade fünfundzwanzig, sehr hochgewachsen und hellblond, mit breiten, muskulösen Schultern und scharfen, blauen Augen. Die Narbe an der linken Gesichtshälfte war fast unsichtbar, aber nicht einmal chemotherapeutische Inkubation hatte die glatte Gleichmäßigkeit der Kieferpartie wiederherstellen können. Falks Gesicht wirkte sonderbar schief; die unverletzte rechte Kieferhälfte zog sich glatt und fest zum Kondylus, während die linke noch unbestimmbare, aber deutlich vorhandene Spuren des schrecklichen Schiffsunfalls verriet.

»Sie brauchen mich, Commander?«

»Wir verlassen Kollidor morgen, Matt«, sagte Warshow leise. »Leutnant Krisch sagte mir, daß Sie nicht ins Schiff zurückgekommen sind, um Ihre Sachen zu packen. Warum nicht?«

Das Kinn, das demoliert und wieder aufgebaut worden war, zitterte ein wenig.

»Sie wissen doch, Sir. Ich fliege nicht zur Erde zurück, Sir. Ich bleibe hier… bei Thetona.«

Eisige Stille. Dann sagte Warshow mit berechnender Grausamkeit: »Sie sind also wirklich scharf auf das Plattgesicht, wie?«

»Mag sein«, murmelte Falk. »Das Plattgesicht. Na und?« Seine leise Stimme klang trotzig und verbittert.

Warshows Anspannung nahm zu. Er versuchte, die Aufgabe vorsichtig zu lösen, ohne dem jungen Falk weitere psychopersönliche Schäden zuzufügen. Ein psychotisches Besatzungsmitglied auf einer fremden Welt zurückzulassen, war ausgeschlossen – aber Falk zwangsweise aus dem festen Geflecht von Beziehungen zu reißen, das ihn mit Kollidor verband, würde Narben nicht nur bei einem Besatzungsmitglied, sondern auch beim Kapitän hinterlassen.

Schwitzend sagte Warshow: »Sie sind von der Erde, Matt. Wollen Sie nicht – ?«

»Nach Hause? Nein.«

Der Commander grinste schwach.

»Das klingt aber sehr endgültig, mein Junge.«

»Ist es auch«, sagte Falk steif. »Sie wissen, warum ich hierbleiben will. Und ich bleibe hier. Darf ich mich jetzt entschuldigen, Sir?«

Warshow trommelte auf die Tischplatte, zögerte kurz und nickte dann.

»Wegtreten, Mr. Falk.« Es hatte wenig Sinn, zu verlängern, was er jetzt als von Anfang an zweckloses Gespräch begriff. Er wartete ein paar Augenblicke, als Falk gegangen war, dann schaltete er die Sprechanlage ein.



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