Der Kaiser by Georg Moritz Ebers

Der Kaiser by Georg Moritz Ebers

Autor:Georg Moritz Ebers
Die sprache: eng
Format: epub


In einer Nebenstraße begegnete der Prätor dem Schneider, den er zu Boden geschlagen hatte, dem Wurstmacher und anderen Anstiftern des Angriffs auf die Wohnung des Israeliten.

Man führte sie als Gefangene vor den Nachtstrategen.

Verus hätte ihnen von Herzen gern die Freiheit zurückgegeben, doch er wußte, daß der Kaiser morgen fragen würde, was mit den Unruhestiftern geschehen sei, und unterließ es darum.

Zu jeder anderen Zeit hätte er sie gewiß straflos nach Hause gesandt; jetzt aber wurde er von einem großen Wunsche beherrscht, der mächtiger war als seine Gutherzigkeit und sein Leichtsinn.

Neunundzwanzigstes Kapitel

Im Cäsareum erwartete der Oberkämmerer den Prätor, um ihn zu Sabina zu führen, die ihn trotz der späten Stunde zu sprechen wünschte.

Als Verus in das Gemach der Gönnerin trat, fand er sie in großer Erregung.

Sie lag nicht wie sonst in ihren Polstern, sondern durchmaß mit unweiblich langen Schritten das geräumige Zimmer.

»Gut, daß du kommst,« rief sie dem Prätor entgegen. »Lentulus will dem Sklaven Mastor begegnet sein, und Balbilla behauptet . . . aber es ist ja nicht möglich.«

»Sie glauben, der Kaiser sei hier?« fragte Verus.

»Haben sie es dir auch gesagt?«

»Nein. Ich halte mich nicht auf, wenn du rufst und es Wichtiges zu erzählen gibt. Also vorhin – aber du darfst nicht erschrecken.«

»Nur kein unnützes Gerede.«

»Vorhin begegnete mir, und zwar in eigener Person –«

»Wer?«

»Hadrian.«

»Und du irrst dich nicht, du hast ihn gesehen?«

»Mit diesen Augen.«

»Unerhört, nichtswürdig, schmählich!« rief Sabina so laut und heftig, daß sie vor dem kreischenden Ton der eigenen Stimme erschrak. Ihre dürre, hochgewachsene Gestalt zitterte vor Erregung, und dabei würde sie jedem anderen im höchsten Grade anmutslos, unweiblich und abschreckend erschienen sein; Verus aber war gewöhnt, sie von Kind an mit freundlicheren Augen anzusehen als andere Menschen, und sie tat ihm leid. Es gibt Frauen, die hinsinkenden Blumen, erlöschenden Lichtern oder verwehenden Schatten gleichen, und sie sind nicht die am wenigsten reizenden ihres Geschlechts; aber die starkknochige, steifnackige Sabina besaß nichts von der biegsamen Zartheit dieser lieblichen Wesen.

Die Hinfälligkeit, die sie zur Schau trug, stand ihr übel und kleidete sie besonders schlecht, wenn, wie in dieser Stunde, die herbe Schroffheit ihrer verbitterten Seele mit häßlicher Offenheit an den Tag trat.

Sie war tief empört über die Schmach, die der Gatte ihr antat.

Nicht zufrieden, ein von dem ihren gesondertes Haus für sich einrichten zu lassen, hielt er sich in Alexandria auf, ohne sie von seiner Ankunft zu benachrichtigen. Die Hände zitterten ihr vor Entrüstung, und mehr stammelnd als sprechend befahl sie dem Prätor, die beruhigende Arznei für sie zu bestellen.

Als er zurückkam, lag sie wieder auf dem Polster, wandte den Kopf nach der Wand und sagte klagend:

»Mich friert. Breite die Decke dort über mich aus. Ich bin ein elendes, mißhandeltes Wesen.«

»Du bist empfindlich und nimmst die Dinge zu schwer,« wagte der Prätor zu erwidern.

Da fuhr sie entrüstet auf, schnitt ihm das Wort ab und nahm mit ihm ein so scharfes Verhör vor, als ob er ein Angeklagter sei und sie der Richter.

Bald wußte sie, daß auch Verus dem Sklaven begegnet war, daß ihr Gatte auf der Lochias wohnte, daß er verkleidet an dem Feste teilgenommen und sich vor dem Hause Apollodors einer ernsten Gefahr ausgesetzt hatte.



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