Der Brand by Daniela Krien

Autor:Daniela Krien [Krien, Daniela]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783257612004
Herausgeber: Diogenes

***

»Wir sind nicht allein an unserer Badestelle«, sagt Peter und weist mit dem Fuß auf einen gebrauchten Mund-Nasen-Schutz im Sand. Dann stakst er nackt ins Wasser. Zum ersten Mal fallen ihr die kleinen Fettröllchen an seinem unteren Rücken auf. Wie lange hat sie ihn eigentlich schon nicht mehr nackt gesehen? Doch bevor sie ihn genauer betrachten kann, taucht er mit einem Sprung ins Wasser ein.

Rahel setzt sich auf ihr Badetuch und bemerkt die herzförmig in den Sand gesteckten Zigarettenkippen links von ihr. In der besten aller Welten – ein Gedankenspiel, das sie häufig mit Peter gespielt hat – würde niemand seinen Müll einfach liegen lassen. Sie sammelt die Stummel in ein Taschentuch und denkt an die Zigarette im Atelier. Heute Abend, zu einem Glas Wein, wird sie sie rauchen, ganz ohne sich zu verstecken. Soll Peter denken, was er will.

Sie sieht ihn weit draußen auf dem See gleichmäßig ab- und wieder auf‌tauchen. Am Sonntag wird er fünfundfünfzig Jahre alt. Ein Geschenk hat sie noch immer nicht.

Sie zieht ihr Kleid aus und auch die Unterwäsche und blickt sich um. Es ist niemand zu sehen. Langsam geht sie in den See hinein. Das Wasser ist so klar, dass sie bis auf den Grund sehen kann. Schwärme kleiner Fische ziehen an ihr vorüber. Sie möchte Peter entgegenschwimmen, ein kleines Stück wenigstens. In der besten aller Welten würde er dann seine Hände auf ihren Körper legen und sie küssen, bis sie gemeinsam untergehen.

Peter scheint sie nicht zu bemerken; er schwimmt auf dem Rücken und wirbelt beim Kraulen das Wasser auf. Sie ruft ihn, doch er hört sie nicht. Erst als sie sich auf einer Höhe befinden, erwischt sie seinen Blick.

»Du traust dich ja weit raus heute«, ruft er ihr zu. Für ein paar Sekunden schwimmt er auf der Stelle, freut sich über das saubere Wasser und den herrlichen Rundumblick auf den Wald, dann legt er die letzte Strecke brustkraulend zurück. Sie sieht ihn aus dem Wasser steigen und sich abtrocknen. Er dehnt und streckt sich und hält sein Gesicht für einen Moment der Sonne entgegen.

Die beste aller Welten ist ein Spiel für Phantasten.

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