Das Geheimnis des alten Mönches by Jan-Philipp Sendker

Das Geheimnis des alten Mönches by Jan-Philipp Sendker

Autor:Jan-Philipp Sendker
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
veröffentlicht: 2017-07-27T00:00:00+00:00


DIE MACHT DES KARMA (JPS)

Es lebte einst ein Bauer, der so arm war, dass er daran verzweifelte. Wie viel er auch arbeitete, es reichte kaum, um den Hunger zu stillen. Und wenn die Ernte doch einmal etwas vielversprechender aussah, wenn der Mais spross und die Kartoffeln kräftig wuchsen, kam ein gewaltiger Sturm, oder die Flüsse traten über ihre Ufer und verwüsteten sein Feld. Als seine Frau diese Armut nicht mehr ertragen konnte und ihn verließ, verlor er jeden Lebensmut. Der Bauer beschloss zu sterben und machte sich auf die Suche nach dem Tod. Er lief durch das Dorf und fragte jeden, der ihm begegnete, ob er wüsste, wo er den Tod finden könnte.

Die Menschen dachten, der arme Bauer hätte den Verstand verloren, und machten einen weiten Bogen um ihn. So verließ er das Dorf und wanderte durch die Provinz auf der Suche nach dem Tod. Schließlich gelangte er an die Küste. Der Strand war menschenleer bis auf einen alten Mann, der mit den Füßen im Wasser stand und auf das Meer schaute.

»Wohin des Weges?«, rief der Alte, als er den Bauern erblickte.

»Ich weiß es nicht. Ich bin so arm, dass ich nicht mehr leben möchte. Jetzt bin ich auf der Suche nach dem Tod.«

Der Alte schüttelte den Kopf. »Junger Mann, du weißt ja nicht, was du da sagst.«

Der Bauer wandte sich enttäuscht ab und machte sich wieder auf den Weg, ohne zu wissen wohin. Er war noch nicht weit gegangen, da spürte er eine kalte Hand auf seiner Schulter. »Warte«, hörte er eine dunkle Stimme sagen. »Wohin des Weges? Ich bin der Tod, den du suchst.«

Erschrocken drehte der Bauer sich um, vor ihm stand der alte Mann.

»Du«, fragte er ungläubig. »Warum zögerst du dann noch? Ich kann nicht mehr. Bitte erlöse mich und schenke mir den Tod.«

Der Tod musterte ihn gründlich, dann flog ein Lächeln über sein Gesicht. »Du kannst jetzt nicht sterben, weil deine Stunde noch nicht gekommen ist. Wenn es so weit ist, werde ich dich holen, ob du willst oder nicht. Dann kannst du versuchen, mir zu entwischen, es wird dir nicht gelingen.«

»Dann sag mir wenigstens, wann die Stunde meines Todes gekommen sein wird.«

»Eine Woche nachdem du den Strand verlassen hast, wirst du ein reicher Mann werden. Und auf den Tag genau zehn Jahre später wirst du sterben. Hier sind Pfeile und ein Bogen.« Aus dem Nichts zauberte der Tod die Waffen herbei und reichte sie dem Bauern. »Setze sie weise ein.«

Mit diesen Worten ließ der Tod ihn stehen und ging davon.

»Halt«, rief der Mann und lief ihm hinterher. »Ich habe noch eine Frage.« Aber wie schnell er auch rannte, einholen konnte er den Tod nicht.

Ratlos blieb er am Strand zurück. Er spürte seinen Magen knurren und machte sich auf die Suche nach etwas Essbarem. Kurz darauf flog ein großer Vogel über ihn hinweg. Der Bauer war kein guter Bogenschütze, doch gleich der erste Pfeil holte das Tier vom Himmel. Zu seinem Erstaunen stellte er fest, dass er keinen gewöhnlichen Vogel erlegt hatte, sondern einen, der durch und durch aus purem Gold bestand.



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