Das Auge der Ueberwelt by Jack Vance

Das Auge der Ueberwelt by Jack Vance

Autor:Jack Vance [Vance, Jack]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: TTB 277
veröffentlicht: 2014-03-05T00:00:00+00:00


Drei Tage lang zogen die Pilger den Fluß abwärts. Nachts schliefen sie hinter einer Barrikade, die der Zauberer Voynod aus einem kleinen Kreis von Elfenbeinstäbchen heraufbeschwor: eine notwendige Sicherheitsvorkehrung, denn jenseits der Barrikade und im Lichtschein des Lagerfeuers gerade noch sichtbar, waren Geschöpfe, die begierig schienen, sich der Gesellschaft anzuschließen. Da waren Deodander und Erbs. Einmal versuchte ein Gid, die Barrikade zu überspringen; ein anderes Mal vereinigten sich drei Hoons, um die Pfosten einzudrücken – zogen sich zurück, stürmten im Anlauf vorwärts, um gegen die Pfosten zu rammen, während die Pilger im Innern des magischen Zirkels fasziniert zusahen.

Cugel trat näher, um einem der Kolosse einen Feuerbrand ins Gesicht zu stoßen, und wurde mit einem Wutschrei belohnt. Ein mächtiger grauer Arm griff durch eine Lücke zwischen zwei Pfosten, und Cugel sprang um sein Leben. Die Barrikade hielt, und nach einiger Zeit begannen die Belagerer untereinander zu streiten und zogen ab.

Am Abend des dritten Tages kam der Pilgerzug an die Einmündung des Asc in einen breiten, langsamen Strom den Garstang Skamander nannte. In der Nähe erhob sich ein Wald aus hohen Tannen und weißen Eichen. Mit der Hilfe einheimischer Fischer wurden Bäume gefällt, gesägt und zum Ufer gerollt, wo sie zu einem Floß zusammengestellt wurden. Die Pilger gingen an Bord, und das Floß wurde mit langen Stangen in die Strömung hinausgeschoben.

Fünf Tage lang zog das Floß gemächlich den breiten Skamander hinab. Zuweilen waren die Ufer kaum zu sehen, manchmal führte die Strömung sie nahe an den schilfbestandenen Ufern vorbei. Da sie nichts Besseres zu tun hatten, verstrickten sich die Pilger in langwierige Disputationen, und die Verschiedenartigkeit der Meinungen zu jedem einzelnen Thema war bemerkenswert. Meistens ging es um die Erforschung metaphysischer Geheimnisse, oder um die richtige Auslegung der von Gilfig niedergelegten Prinzipien.

Subucule, der in der Auslegung der heiligen Schriften am meisten bewanderte unter den Pilgern, erläuterte seinen Glauben bis in die Einzelheiten. Er bekannte sich zur orthodoxen gilfigitischen Theosophie, nach der Zo Zam, die achtköpfige Gottheit, nach Erschaffung des Kosmos sich den rechten großen Zeh abschlug, aus dem dann Gilfig wurde, während die verspritzten Blutstropfen die acht Rassen der Menschheit wurden. Roremaund, ein Skeptiker, scheute sich nicht, an den Grundfesten der Doktrin zu rütteln: »Wer hat diesen hypothetischen ›Schöpfer‹ erschaffen? Ein anderer Schöpfer? Es ist einfacher, bloß das Endprodukt vorauszusetzen: in diesem Fall eine erlöschende Sonne und eine sterbende Erde.«

Ein Mann namens Bluner vertrat hartnäckig seinen eigenen Glauben. Er sah die Sonne als eine Zelle im Körper einer großen Gottheit, die den Kosmos in einem Prozeß erschaffen hatte, der etwa dem Wachstum einer Flechte auf einem Felsen analog war.

»Wenn die Sonne eine Zelle wäre, was würde dann die Natur der Erde sein?« wandte Subucule ein.

»Ein winziger, parasitärer Organismus, der sich von dieser Zelle nährt«, erwiderte Bluner. »Solche Abhängigkeiten überraschen keinen, der sich im Leben der Tiere und Pflanzen auskennt.«

Bluner begann seine Theorie detailliert zu entwickeln, wurde aber bald von Pralixus unterbrochen, einem hochgewachsenen, mageren Mann mit durchdringenden grünen Augen. »Hört mich an: Meine Theorie ist die Einfachheit selbst. Viele Zustandsformen sind möglich, und die Zahl der Unmöglichkeiten noch größer.



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