Bürgerkrieg in der Ukraine by Reinhard Lauterbach

Bürgerkrieg in der Ukraine by Reinhard Lauterbach

Autor:Reinhard Lauterbach [Lauterbach, Reinhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Ukraine, Russland, Putin, Euromaidan, Sowjetunion, Krieg, Bürgerkrieg
Herausgeber: edition berolina / BEBUG mbH
veröffentlicht: 2015-04-29T16:00:00+00:00


Eine Wegwerfgegend wehrt sich

Das Donbass und sein Aufstand

Der Donbass79 – ein russisches Akronym aus »Donez-Steinkohlebecken« – ist eine melancholische Gegend. Landschaftlich reizlos, kaum bewaldet, akzentuieren Fördertürme und Fabrikschornsteine den Horizont; die zu Pyramiden aufgetürmten Abraumhalden ersetzen die Berge. Dazwischen verstreut Bergarbeitersiedlungen im Schatten der Zechen, die alten Häuser vielfach einstöckige Katen mit Eternitdächern und kleinen Gemüsegärten und Schuppen im Hinterhof, in den Städten findet man die typischen billig hochgezogenen Neubauten, die man in der DDR »Arbeiterschließfächer« genannt hat.. In den Stadtzentren dominiert vielfach der Stalinsche Klassizismus, in dem die Orte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut wurden; selbst trostlose Kleinstädte haben so Rat- und Kulturhäuser mit Säulenfassaden wie griechische Tempel – auch wenn vielfach der Putz bröckelt und die Fenster seit langem nicht mehr gestrichen wurden. Trotz der scheinbar historischen Bauten sind die Städte nicht alt: Slowjansk, Luhansk und Lisitschansk entstanden Ende des 18. Jahrhunderts im Zuge der russischen Kolonisation nach der Eroberung des Landes; Donezk wurde erst 1869 als »Jusowka« gegründet – benannt nach dem britischen Unternehmer Hughes, der hier eine Stahlhütte aufmachte; die Nachbarstadt Gorlowka ist etwas älter und ist nach dem Geologen Petro Gorlow benannt, der sich um die Ermittlung der Kohlelagerstätten der Region verdient gemacht hatte. Altschewsk wurde 1895 als Fabrikstadt gegründet und trägt den Namen des Fabrikbesitzers, Sewerodonezk gar erst 1934 als Standort eines Chemiekombinats.

Der Donbass ist in seiner heutigen Gestalt das Produkt zweier Industrialisierungswellen: der kapitalistischen im zaristischen Russland und der sowjetischen. Mit der Kohle des Donbass wurde der Stahl für die russischen Eisenbahnen gekocht, die Region war Anfang des 20. Jahrhunderts der größte Kohleproduzent des Zarenreiches. Die Lokomotivfabrik in Luhansk (damals noch Woroschilowgrad), Eisenbahnfreunden und Nutzern der DDR-Reichsbahn als Heimat der »Taigatrommeln« (BR 120) bekannt, war ursprünglich eine Auslandsinvestition des sächsischen Maschinenbauers Hartmann in Chemnitz, der am Wachstum des Schienennetzes in Russland mitverdienen wollte.

In beiden Industrialisierungswellen wurde keine Rücksicht auf Mensch und Natur genommen. Besonders problematisch ist bis heute der Wasserhaushalt: die Steppenregion, unter der die Kohle liegt, ist von Natur aus nicht besonders wasserreich, der Kohleabbau verlangt zudem, das Grundwasser abzusenken – aber die zeitweise auf bis zu sieben Millionen Menschen gestiegene Bevölkerung braucht Wasser – und konkurriert gleichzeitig mit den Stahlwerken und anderen Industriebetrieben um diese knappe Ressource. Der Widerspruch ist nie gelöst worden; katastrophale hygienische Verhältnisse begleiteten die Erschließung der Region, bis heute sind nicht alle Wohnhäuser an Wasserleitungen angeschlossen. Bergschäden treten häufig auf, in Lexikoneinträgen zu manchen Orten heißt es, sie seien eigentlich nur noch mit Allradfahrzeugen zu erreichen80; manche Straßen würden von den Bewohnern überhaupt gemieden.

Die letzte richtig gute Zeit hatte der Donbass während des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch schon in den 1950er Jahren beschlossen die zentralen Planungsbehörden, in die Bergwerke des Donbass keine größeren Investitionen mehr tätigen. Inzwischen waren nämlich – ironischerweise mit Maschinen, die 1941 in großer Hektik vor den vorrückenden Deutschen evakuiert worden waren – der Kusbass in Sibirien und andere Lagerstätten erschlossen worden. Dort konnte Kohle im Tagebau gewonnen werden – zu Kosten, mit denen der Donbass nicht mehr konkurrieren konnte. Denn



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