Blitz bricht aus by Farley Walter

Blitz bricht aus by Farley Walter

Autor:Farley, Walter [Farley, Walter]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


ZWÖLFTES KAPITEL

Der einsame Reiter

Dieses Pferd hatte ihm einmal gehört, soviel wußte er jetzt. Kein ungezähmter Wildhengst würde zu ihm gekommen und vor ihm stehengeblieben sein, das Maul in seine Hand geschoben, gewiehert und ihm zugehört haben. Diese Tatsache war unbestreitbar; die Frage war nur: »Wann hat er mir gehört? Wo? Und wie lange ist es her?«

Er kannte den großen Hengst, seine Augen hatten den keilförmigen Kopf mit den feinen kleinen Ohren früher schon gesehen. Er kannte die dünnwandigen Nüstern und den wundervollen Blick, der auf ihm ruhte, desgleichen den schlanken Hals, das hochgewölbte Genick, den muskulösen Widerrist, die enorme Kraft des Rückens, der Brust, der Schultern, der Beine. Auf alledem hatten seine Augen früher oft geruht, genau wie seine Hände die zärtliche Berührung wiedererkannten. Nur sein Hirn versagte. Die Schatten der die Schlucht von allen Seiten umgebenden Felswände hatten sich schon längst zusammengeschlossen. Der Canyon lag im Dunkeln. Trotzdem verharrte McGregor in seiner Stellung neben dem Hengst, die Hände auf dem rauhen, ungestriegelten Fell, als ob er Angst hätte, ihn wieder zu verlieren, wenn er ihn losließ. Er hatte das dringliche Verlangen, ihn zu bürsten und zu säubern und Glanz in das lackschwarze Fell zu bringen. Denn früher einmal hatte er es gepflegt und war stolz gewesen auf sein seidiges Schimmern—das wußte er genau.

Die Luft wurde jetzt kühl. Ein Wind erhob sich und ließ die schwere Mähne und die Stirnlocke des Hengstes flattern. Kurzes Wiehern ertönte vom andern Ende der Schlucht; der Hengst wendete den Kopf und sah zu seinen Stuten; aber er ging nicht von dem Jungen fort.

Jetzt schallte ein leises Wiehern und Hufstampfen vom Anfang der Schlucht herüber und erinnerte McGregor an sein Pferd, das er dort drüben angebunden hatte.

Der Hengst wendete sich sofort in die Richtung, aus der das Wiehern gekommen war. Er warf den Kopf auf, und seine Augen blitzten. Er wollte gerade davonsprengen, als der Junge mit Worten, die er selbst nicht verstand, beruhigend auf ihn einsprach. Der Hengst stieß seinen trompetenähnlichen Kampfruf aus, aber—er blieb. Obwohl sein Körper vor Kampfbereitschaft bebte, stand er einige Minuten still bei dem Jungen, der fortfuhr, liebevoll auf ihn einzureden; da er keine Antwort auf seine Herausforderung erhielt, beruhigte er sich wieder. Er sah zu den Stuten hinüber, und einige Minuten später lief er zu ihnen.

McGregor stand allein in der Dunkelheit und überlegte, was er tun sollte. In seinen Satteltaschen war Futter für sein Pferd und auch Brot und Fleisch für ihn selbst. Bis morgen früh konnte er sich damit behelfen.

Morgen? Was stand ihm morgen bevor? Er mußte zur Ranch zurückkehren und Allen berichten—daß er keine Spur von dem Hengst und seinen Stuten gefunden hatte... Er selbst würde es irgendwie ermöglichen, hierher zurückzukehren, denn hier würde er seine Vergangenheit wiederfinden; der schwarze Hengst würde ihm dabei helfen. Aber er brauchte Zeit.

Er ging zu seinem Pferd, fütterte es und gab ihm Wasser. Dann machte er sich ein Feuer, aß, was er bei sich hatte, und legte sich hin, um zu warten, daß die Stunden verstrichen. Vielleicht würde die Tür zu seinem Gedächtnis schon morgen früh aufgehen, wenn er den Hengst im Tageslicht sah.



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