Bis ich dich finde by Irving John

Bis ich dich finde by Irving John

Autor:Irving, John [John, Irving,]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-257-60019-3
veröffentlicht: 2013-11-08T05:00:00+00:00


[579] IV

IN DEN NADELN SCHLAFEN

[581] 23

Billy Rainbow

Jack war auf einer Promotiontour in New York. (»Gemäß Marschbefehl von Miramax«, wie Emma es ausdrückte.) Das einzig Denkwürdige an dem dort geführten Interview war nicht die einleitende Frage an sich, die ihm schon hundertmal gestellt worden war, sondern die ungeheure Plumpheit, mit der die Journalistin sie formulierte – hinzu kam, daß mitten in seiner oft gegebenen Antwort Emma anrief und es das letzte Mal war, daß Jack ihre Stimme hörte.

Seine Interviewerin, eine matronenhafte Frau mit rätselhaftem Akzent, war dieselbe Journalistin von der Hollywood Foreign Press, die ihn bei einer früheren Promotiontour gefragt hatte, ob er sich in seinem Äußeren den jungen Martin Sheen in Apocalypse Now zum Vorbild nehme. Sie trank eine Cola light und rauchte eine Mentholzigarette, so daß ihr künstlich aromatisierter Atem über ihn hinwegstrich wie der Rauch einer brennenden Pfefferminzfabrik.

»Captain Willard hat kurze Haare«, hatte Jack ihr seinerzeit geantwortet.

»Captain wer?«

»Die Figur, die Martin Sheen in Apocalypse Now spielt – Captain Willard«, hatte er gesagt. »Was seinen Rang angeht, bin ich mir allerdings nicht hundertprozentig sicher.«

»Ich-e ’abe nicht-e von seine Haare gesprochen«, hatte die Journalistin gesagt.

»Bewußt nehme ich ihn mir jedenfalls nicht zum Vorbild«, hatte Jack zu ihr gesagt. »Und ich versuche auch nicht, Marlon Brando umzubringen.«

[582] »Sie meinen-e der junge Marlon Brando?« hatte die Frau von der Hollywood Foreign Press ihn gefragt.

»In dem Film, den Sie angesprochen haben«, hatte er ihr, ganz langsam, erklärt, »hat der Mann, den der junge Martin Sheen spielt, den Auftrag, Marlon Brando umzubringen – wissen Sie noch? Und zwar keinen jungen Marlon Brando.«

»Schon gut-e«, hatte sie gesagt. »Zu etwas-e anderem.«

Ihre nächste Frage war so taktlos, daß es ihm fast den Atem verschlug, aber wenigstens hatte sie das Thema gewechselt. »Sind Sie ein-e Mensch-e, der sich, obwohl nicht-e homosexuell, psychologisch mit dem anderen Geschlecht-e identifiziert-e? Ich meine, mit-e Frauen?«

»Sie meinen, ob ich Transvestit bin?«

»Ja!«

»Nein.«

»Aber Sie tragen-e ständig Frauenkleider, oder Sie scheinen daran-e zu denken – an das Tragen von Frauenkleidern, meine ich –, auch wenn Sie Männerkleidung tragen.«

»Im Augenblick denke ich nicht daran, Frauenkleidung zu tragen«, sagte Jack zu ihr. »Ich mache das nur gelegentlich in einem Film – wenn ich eine Rolle spiele, verstehen Sie.«

»Schreiben-e Sie auch darüber?«

»Über das Tragen von Frauenkleidern?«

»Ja!«

»Nein.«

Sein Handy klingelte. Normalerweise nahm er während eines Interviews keine Gespräche an, aber er sah, daß der Anruf von Emma kam, und sie war in letzter Zeit deprimiert. Emma war dabei, den Kampf gegen ihre Pfunde zu verlieren; seit seiner Abreise rief sie ihn jeden Morgen an, um ihm mitzuteilen, wieviel sie wog. In New York war es fast Mittag, aber Jack wußte, daß Emma in L.A. gerade erst aufgestanden war.

Er hatte ihr gesagt, daß man ihn rund um die Uhr [583] interviewte – sie wußte natürlich, wozu eine Promotiontour da war. Leicht verärgert reichte Jack der Dame von der Hollywood Foreign Press sein Handy. »Diese Frau läßt mich einfach nicht in Ruhe«, sagte er zu seiner Interviewerin. »Sagen Sie ihr doch bitte, daß ich mitten in einem Interview bin. Vielleicht dringen Sie ja zu ihr durch.



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