Besser fix als fertig · Hirngerecht arbeiten in der Welt des Multitasking by Hufnagl Bernd

Besser fix als fertig · Hirngerecht arbeiten in der Welt des Multitasking by Hufnagl Bernd

Autor:Hufnagl, Bernd [Hufnagl, Bernd]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
ISBN: 9783990403204
Google: 1gpOBAAAQBAJ
Amazon: B018ERE9CK
Goodreads: 29857164
Herausgeber: Styriabooks
veröffentlicht: 2014-07-17T22:00:00+00:00


PRÄSENTISMUS

Ich war einmal zu einem Strategiemeeting bei einem unserer Kunden eingeladen, um die Qualifizierungsstrategie für die Führungskräfte des Konzerns zu diskutieren. Anwesend waren der sichtlich übermüdete Personalchef und seine an einem akuten Magen-Darm-Virus laborierende Mitarbeiterin. Die gute Frau berichtete mit erfrischender Offenheit und einer fast aufdringlichen Begeisterung von den hässlichen Szenen, die sich in der Nacht zuvor bei ihr zu Hause abgespielt hatten. Noch in der Früh sei es ihr richtig dreckig gegangen, aber diese Besprechung und eine weitere Präsentation am Nachmittag seien so wichtig, dass sie einfach kommen hätte müssen, erzählte sie. Falls sie plötzlich aufspringe, beruhigte sie uns, sollten wir uns nicht schrecken, es sei nur der akute Durchfall. Erbrechen müsse sie seit mehreren Stunden nicht mehr, erklärte sie in dem Versuch, wieder Farbe in das Gesicht ihres erbleichten Chefs zu zaubern. Ich selbst versuchte zu verdrängen, dass ich ihr eben die Hand gegeben hatte und gerade einen Schluck Kaffee aus einer Tasse trank, die sie mir serviert hatte. Wenn es jener Virus war, an den ich dachte, wäre ich in wenigen Stunden fällig. Und der übermüdete Personalchef wäre bei der Präsentation am Nachmittag sicher nicht mehr dabei.

Warum erzähle ich Ihnen diese Geschichte? Immer mehr Menschen kommen weiterhin zur Arbeit, obwohl sie krank sind oder sich chronisch müde gearbeitet haben. Das Gefühl der Unentbehrlichkeit, zu hoher Arbeitseifer, ein übertriebenes Pflichtgefühl oder schlicht Angst vor einer möglichen Entlassung können Gründe dafür sein. Aber auch die immer häufiger geforderte Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter trägt dazu bei, dass wir keine Erholungsphasen einplanen oder im Krankheitsfall einfach weiterarbeiten. Lieber wird zu Medikamenten gegriffen, die vielleicht kurzfristig Linderung verschaffen, als Körper und Geist eine Regeneration zu gönnen. Das Phänomen ist mittlerweile so weit verbreitet, dass es dafür einen eigenen Begriff gibt: Präsentismus.

Daten einer 2011 erstellten Studie zeigen, dass Präsentismus doppelt so hohe Kosten verursacht wie krankheitsbedingte Fehlzeiten (Absentismus). Die Gefahren, die von diesem Anwesenheitsdrang ausgehen, sind vielfältig: Neben dem möglichen Lahmliegen ganzer Abteilungen sind die eingeschränkte Leistungsfähigkeit, die erhöhte Fehleranfälligkeit und die steigende Anzahl von Unfällen die größten Probleme. Und medizinisch betrachtet können nicht auskurierte Erkrankungen chronisch werden und damit nachhaltig Probleme schaffen. Rekonvaleszente Mitarbeiter, die regelmäßig – und trotz aufrechter Krankschreibung – mehrere Tage zu früh wieder ins Büro kommen, erlangen nicht selten Heldenstatus und werden mit offenen Armen vom Chef empfangen. „Super, dass du wieder da bist!“ sollte durch die arbeitsrechtlich richtigere Aussage „Im Büro hast du noch nichts zu suchen!“ ersetzt werden!

Dem Problem zu begegnen, ist keinesfalls einfach, da die gut gemeinten Tipps vieler Chefs, man solle bitte zu Hause bleiben, wenn man wirklich krank sei, kaum eingehalten werden. Die persönliche Entscheidung, krank zur Arbeit zu kommen, ist von unterschiedlichen persönlichen, arbeitsbezogenen und gesellschaftlichen Faktoren beeinflusst. Zu den persönlichen Einflussfaktoren gehören zum Beispiel Alter, Geschlecht, allgemeiner Gesundheitszustand und der Beziehungsstatus. Gesellschaftliche Faktoren sind Arbeitslosenzahlen und die allgemeine wirtschaftliche Lage (Arbeitsplatzunsicherheit).

Arbeits- und Organisationsbezogene Einflussfaktoren spielen bei der Entscheidung, krank zu arbeiten, eine wesentliche Rolle: Zeit und Termindruck, Unternehmens- und Führungskultur sowie der Umgang mit Fehlzeiten im Betrieb sind die auffälligsten Treiber, die Kranke zu früh wieder an den Schreibtisch locken.



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