Beruehrt by Alice Winter

Beruehrt by Alice Winter

Autor:Alice Winter
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Paranormal
veröffentlicht: 2014-06-05T22:00:00+00:00


Ich hatte mal gehört, dass Wassertrinken gut gegen Kopfschmerzen wäre. Also bestellte ich eine Flasche stilles Wasser zu meinem Muffin, ergatterte einen Sitzplatz in der Nähe des Eingangs vom Coffee and Cake und wartete auf Jarvis. Eine völlig neue Situation für mich, denn sonst wartete er immer auf mich. Wir hatten uns für sechzehn Uhr verabredet, direkt nach unseren letzten Seminaren. Ich war ausnahmsweise mal pünktlich, aber dafür verspätete sich Jarvis.

KOMME 10 MINUTEN SPÄTER. HAB MICH MIT DER TUBE VERFAHREN. JAR. Ein Hoch auf die mobile Kommunikation, ohne die ich mir jetzt Sorgen um ihn gemacht hätte. Jarvis wollte mich zum Leisure Centre begleiten und sich das Wheelscape ansehen. Er war früher ein leidenschaftlicher Skateboarder gewesen und hatte bei meinen Erzählungen merklich Blut geleckt. Ich nippte an meinem Wasser und biss in den Blaubeer–Muffin. Sogar beim Kauen pochte mein Schädel wie verrückt. Einfach nicht drauf achten, dachte ich. Vielleicht musste ich mich ablenken, so den Schmerz vergessen, um dann das nervige Klopfen endlich loszuwerden. Ich schaute durch die große Fensterscheibe auf die Oxford Street, beobachtete eine Weile die vorbeilaufenden Passanten. Als mir dies zu langweilig wurde, ließ ich den heutigen Tag nochmal Revue passieren.

Nach einer kurzen Nacht hatte ich mich auf den Weg zum London College of Fashion gemacht. An die stets mit Pendlern und Touristen überfüllten Londoner U–Bahnabteile würde ich mich noch gewöhnen müssen, ebenso an den charakteristischen Eigengeruch der U-Bahn-Stationen, der mich an uralten Schmutz, abgestandener Luft und angeschmortem Plastik erinnerte. Mit den Dozenten und Studenten am College kam ich gut zurecht, sie waren alle sehr nett und motiviert bei der Sache.

Jedoch fühlte ich mich in Professor Stevensons Kurs mehr als unbehaglich, nachdem sich eine korpulente braungelockte Studentin neben mich setzte, die sich als Erika vorstellte. Normalerweise hätte ich keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, hätte sich mir ihre Anwesenheit nicht so extrem aufgedrängt. Man konnte sie riechen, oder besser, man konnte sie nicht Nichtriechen. Es herrschte eine akute Luftnotlage, in der sich in einem Flugzeug eine Klappe über den Passagieren öffnete und Sauerstoffmasken diese vor Bewusstlosigkeit schützten. Ich hätte eine Welt für einen ähnlichen Service in jenem Augenblick gegeben. Als ich an die Reihe kam, um meine Hausarbeit vorzutragen bemerkte ich meine schwitzigen Hände. Ich spürte eine Beklemmung in meiner Brust, als läge ein schwerer Stein auf ihr. Erikas Dunst war überall und raubte mir jegliche Klarheit. Die Schrift auf dem Blatt verschwamm, die Buchstaben tanzten vor meinen Augen. Ich hörte meine Stimme die Hausarbeit vortragen und doch schien sie nicht zu mir zu gehören. Mir war schwindelig, kotzübel, mein Kopf hämmerte und neben mir stank Erika.

„Boo!“

Ich schreckte zusammen und stieß mit einer Hand gegen die Plastikflasche mit meinem Wasser, als ich in das Gesicht eines Jungen, in einem blauen Kapuzenpulli, nur wenige Zentimeter vor meinem eigenen Gesicht blickte. Jarvis fing die Flasche reflexartig auf.

„Na hoppla junge Dame. Wo warst du denn mit deinen Gedanken?“ Jarvis setzt sich neben mich, brach ein Stück von meinem Muffin ab und stopfte es sich in den Mund.

„Hast du mich erschreckt“, keuchte ich und presste eine Hand gegen den klopfenden Brustkorb.



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